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Die Nebensonnen

Von

Drei Sonnen sah ich am Himmel steh’n,
Hab‘ lang und fest sie angeseh’n;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.

Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!
Schaut ander’n doch ins Angesicht!
Ja, neulich hatt‘ ich auch wohl drei;
Nun sind hinab die besten zwei.

Ging nur die dritt‘ erst hinterdrein!
Im Dunkeln wird mir wohler sein.

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Gedicht: Die Nebensonnen von Wilhelm Müller

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Nebensonnen“ von Wilhelm Müller ist eine kurze, melancholische Reflexion über Verlust, Hoffnungslosigkeit und den Wunsch nach Dunkelheit. Es nutzt das Bild dreier Nebensonnen am Himmel, um die innere Gefühlswelt des Sprechers auszudrücken. Die Nebensonnen, optische Täuschungen, die neben der eigentlichen Sonne erscheinen, symbolisieren hier etwas, das dem Sprecher einst Hoffnung oder Freude gegeben hat, aber nun verblasst oder verloren ist.

Die ersten vier Verse beschreiben die Wahrnehmung des Sprechers, der drei Sonnen am Himmel erblickt und sie eingehend betrachtet. Die Wiederholung des „ich“ und die direkte Ansprache der Sonnen verstärken die Intimität und den persönlichen Bezug. Die Sonnen scheinen den Sprecher anzustarren, was eine gegenseitige Beziehung suggeriert. Doch die folgende Zeile, „Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!“, zeigt, dass diese Beziehung illusorisch ist. Es ist eine Erkenntnis der Distanz und des Verlustes. Die Sonnen gehören nicht dem Sprecher, sondern sind ein flüchtiges Phänomen.

Der zweite Abschnitt des Gedichts vertieft das Gefühl von Verlust und Verzweiflung. Der Sprecher erinnert sich an eine Zeit, in der er sogar drei Sonnen hatte, was auf eine Phase der Glückseligkeit oder Hoffnung hindeutet. Doch nun sind zwei dieser „besten“ Sonnen verschwunden, was den Verlust und die Trauer des Sprechers überdeutlich macht. Die Metapher der Sonne, die für Freude oder Lebendigkeit stehen kann, wird hier auf subtile Weise genutzt, um die innere Leere und den Schmerz des Sprechers zu verdeutlichen.

Die abschließenden beiden Verse offenbaren den Wunsch nach dem Ende, nach dem Dunkel. Der Sprecher sehnt sich danach, dass die letzte Sonne ebenfalls verschwindet, denn im Dunkeln fühlt er sich wohler. Dies deutet auf eine tiefe Erschöpfung, Resignation und den Wunsch nach Frieden hin. Das Gedicht endet somit in einer resignierten Akzeptanz des Verlustes und einer stillen Sehnsucht nach dem Ende aller Illusionen und der damit verbundenen Schmerzen. Die Nebensonnen als flüchtige Erscheinungen stehen stellvertretend für das flüchtige Glück und die unausweichliche Traurigkeit des Lebens.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.