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Die Gedanken

Von

Am Albanersee

Rings von Kühlung sanft umgossen,
Ruhend in des Haines Schooß,
Von der heil′gen Fluth umflossen,
Wieg′ ich mir Gedanken groß;
Töne schweben hin und wieder
In dem leichten Blätterspiel,
Bilder tauchen auf und nieder
Aus der Woge tief und kühl.

In der Grotte leicht umschleiert,
Wo das Brünnlein perlend quillt,
Weilt die Schwermuth still und feiert
Ihrer Sehnsucht holdes Bild!
In des hellen Aethers Räume
Steigt des hehren Berges Haupt,
Und jahrtausendalte Bäume
Halten ihm die Stirn umlaubt.

Tief im grünen Uferkranze
Ruht Albano′s dunkle Fluth,
In der Wolken leichtem Tanze
Schwebt des Abends Purpurgluth;
Schimmer sinken leis′ hernieder
In das tiefgesenkte Blau,
Und auf luftigem Gefieder
Trinkt die Lerche Himmelsthau.

Aus der duftumglänzten Ferne
Ragt Tiburnus′ Haupt empor,
Und es steigen gold′ne Sterne
Aus des Meeres Schooß hervor;
Dort, wo nun das Höchste trauert,
Was die Zeit hervorgebracht,
Sank von Wehmuth trüb umschauert
Phöbos hin in Roma′s Nacht!

Steigen einst die Flammenrosse
Aus Saturnus Burg herauf?
Bändigt mit dem Lichtgeschosse
Er der Zeiten wilden Lauf?
Setzt er seinen Ahnherrn wieder
Auf den alten Segensthron?
Kehrt Asträa siegreich wieder,
Und vertheilet Straf′ und Lohn?

Tönen frohe Hirtenflöten
Wieder durch Evanders Wald?
Schwebt durch stille Abendröthen
Numa′s heilige Gestalt?
An Camilla′s Sarkophage
Trauert noch der Nymphen Lied?
Und ertönt Diana′s Klage
Noch um ihren Hippolyt?

Hin und wieder sanft gezogen
Schwebt Mnemosyne dahin,
An des alten Tibris Wogen,
Mit erinn′rungsvollem Sinn;
Ihres Götterbusens Fülle
Schwellt der Thaten Vollerguß;
Und in dieser heil′gen Stille
Schöpfet ewig sie Genuß!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Gedanken von Friederike Sophie Christiane Brun

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Gedanken“ von Friederike Sophie Christiane Brun ist eine poetische Reflexion über die Natur, die menschliche Psyche und die Vergänglichkeit. Es zeichnet sich durch eine tiefe Melancholie und die Auseinandersetzung mit den Themen Erinnerung, Sehnsucht und der Suche nach Sinn aus. Das Gedicht ist in sechs Strophen unterteilt, die jeweils acht Verse umfassen und durch einen klaren Reimschema strukturiert sind, was dem Text eine rhythmische und musikalische Qualität verleiht. Der Schauplatz, der Albanersee, dient als Kulisse für die Entfaltung der Gedanken und Emotionen der Autorin.

Die ersten beiden Strophen beschreiben die friedliche und idyllische Umgebung des Sees und die damit verbundene Kontemplation. Die „heil′ge Fluth“ und die „Grotte“ werden als Orte der Ruhe und der Betrachtung dargestellt, in denen die Autorin ihren „Gedanken groß“ nachhängt. Die Natur wird als Spiegel der Seele wahrgenommen, in der sich die „Schwermuth“ widerspiegelt und die „Sehnsucht“ ihren Ausdruck findet. Die Erwähnung des „hellen Aethers“ und der „jahrtausendalten Bäume“ deutet auf eine Verbindung zur Ewigkeit und zur Geschichte hin, was dem Gedicht eine tiefere Bedeutungsebene verleiht.

In den folgenden Strophen erweitert sich der Blickwinkel und es werden historische und mythologische Bezüge hergestellt. Die „Purpurgluth“ des Abends, die „gold′ne Sterne“ und die Erwähnung von Tiburnus und Phöbos (Apollo) verweisen auf die Vergangenheit und die Vergänglichkeit von Macht und Ruhm. Die Fragen in der fünften Strophe deuten auf eine Sehnsucht nach einer vergangenen, idealisierten Welt hin, in der Götter und Helden eine zentrale Rolle spielten. Dies spiegelt die allgemeine Romantik dieser Zeit wieder, welche sich durch die Liebe zur Geschichte auszeichnet.

Die letzte Strophe bringt die Figur der Mnemosyne, der griechischen Göttin der Erinnerung, ins Zentrum. Sie wird als Quelle der Inspiration und als Bewahrerin der „Thaten“ dargestellt. Die „heil′ge Stille“ am Ende des Gedichts deutet auf die Möglichkeit hin, in der Erinnerung und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit Trost und Erkenntnis zu finden. Das Gedicht schließt mit einer positiven Note, in der die Autorin die Bedeutung der Erinnerung und die Schönheit der Kontemplation hervorhebt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bruns Gedicht eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der menschlichen Seele und der Welt um sie herum darstellt. Es verbindet Naturbetrachtung, historische Bezüge und mythologische Elemente, um eine Atmosphäre der Melancholie, Sehnsucht und Reflexion zu erzeugen. Die Verwendung von Reim und Rhythmus trägt zur musikalischen Qualität des Gedichts bei, während die Bilder und Metaphern dem Leser ermöglichen, in die Welt der Autorin einzutauchen und ihre Gedanken und Emotionen nachzuvollziehen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.