Die Galle
Mit Euch an einem Tisch zu sitzen
Macht mir den größten Höllenspaß.
Ich träume schon von Euren Witzen.
Wohl dem, der mit Euch Austern aß.
Denn was Ihr trinkt
Ist pure Galle.
Und was Ihr eßt
Ein alter Quark.
Recht grob möchte ich Euch Allen sagen,
Daß Ihr mir nie mehr könnt behagen.
Ihr seid das Luderpack der Welt
Und habt mir manchen Tag vergällt!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die Galle“ von Paul Scheerbart ist ein humorvoller, wenn auch bissiger Ausdruck von Ablehnung und Ekel gegenüber einer Gruppe von Personen. Es beginnt mit einer scheinbar ironischen Wertschätzung, die jedoch schnell durch eine sarkastische Zuspitzung konterkariert wird. Der Dichter scheint Gefallen daran zu finden, am Tisch mit den Angesprochenen zu sitzen, was er als „Höllenspaß“ bezeichnet, und träumt von ihren „Witzen“, was auf eine gewisse Faszination hindeutet, aber gleichzeitig eine Distanz erzeugt. Die Erwähnung von „Austern“ am Ende der ersten Strophe deutet auf ein gehobenes soziales Umfeld hin, in dem sich die dargestellten Personen bewegen, und hebt den Kontrast zur späteren, abwertenden Sprache hervor.
Der zweite Teil des Gedichts enthüllt die wahre Natur des Dichters. Er beschreibt, was die Personen zu sich nehmen, als „pure Galle“ und „alter Quark“. Diese Metaphern stehen für eine verrottete oder giftige Substanz, die das Innere der Menschen widerspiegelt und ihre Wesenheit als unangenehm oder sogar widerwärtig darstellt. Die Wahl dieser Begriffe ist bewusst abwertend und zielt darauf ab, Ekel und Abscheu beim Leser zu erzeugen. Durch diese bildliche Darstellung wird die anfängliche scheinbare Wertschätzung vollständig entwertet und in ihr Gegenteil verkehrt.
In der letzten Strophe bricht der Dichter schließlich mit der Höflichkeit und äußert seine Gefühle offen. Er wendet sich direkt an die Angesprochenen und äußert deutlich, dass sie ihm „nie mehr können behagen“. Die gewählten Worte „Recht grob“ und „Euch Allen“ unterstreichen die finale Verachtung. Die Aussage „Ihr seid das Luderpack der Welt“ ist eine drastische und beleidigende Formulierung, die die Personen als Abschaum der Gesellschaft bezeichnet. Dies unterstreicht das Ausmaß des Hasses und der Verachtung.
Das Gedicht ist also ein Beispiel für einen satirischen Angriff, der mit Ironie und Sarkasmus arbeitet, um seine Kritik zu verpacken und dann durch eine explizite Beschimpfung zu entladen. Scheerbart nutzt eine scheinbar elegante Sprache, um eine tiefe Verachtung zu artikulieren. Der Reiz des Gedichts liegt in der Gegensätzlichkeit zwischen der anfänglichen, scheinbar positiven Beschreibung und der abschließenden, brutalen Wahrheit. Es ist ein klares Bekenntnis zu einer ablehnenden Haltung, das durch die geschickte Verwendung von sprachlichen Mitteln zu einem humorvollen, aber auch verletzenden Werk wird.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.