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Die Ehekämpen (9)

Von

Und wieder wogt′s geschäftig durch die Hallen
Des Schlosses, denn des Hauses Herr ist nah,
Noch einmal fast so fröhlich hört man schallen
Frau Bertha′s helles, frisches Lachen da.

Voll Eifer eilet sie durch Schloß und Gänge
Noch ordnend dies und jenes schnell behend,
Herr Corsant stehet bei der Diener Menge
Und sieht, wie schön solch Weiberregiment.

Und sieht, wie lieblich auch Jolanthe waltet,
Kaum hat zu einem Blick sie für ihn Zeit,
Wie wird′s erst sein, wenn sie als Hausfrau schaltet
Auf seinem Schloß so leer und öd′ bis heut′.

Da tönt der Klang der Hörner durch die Räume;
»Herr Simon ist′s!« ruft alles hochentzückt; –
Bald unterm Dach der alten, treuen Bäume
Hält Weib und Kind er an die Brust gedrückt.

Und hinter ihnen, purpurübergossen,
Jolanthe steht, Herrn Corsant an der Hand,
Fest hält er die in seine eingeschlossen,
Heut′ bleibt er Sieger ohne Widerstand.

»Willkommen, Ritter,« ruft mit lautem Lachen
Herr Simon, »hier im Schlosse von Blonay,
Ihr habt vollführt die aufgetragnen Sachen
Schon bis zum Allerletzten wie ich seh′!«

Und Bertha drauf: »Noch tapfrer im Besiegen
Sind wir, mein Herr: Du warfst ihn in den Staub,
Doch wir erobern, und so hat verstiegen
Er sich sogar zu frechem Klosterraub!«

Herr Simon küßt Jolanthe auf die Wangen:
»Ei, Jungfräulein, was ficht dich plötzlich an,
Wie trugst du nach dem Kloster heiß Verlangen,
Jetzt nimmst du statt des Schleiers einen Mann?«

Der Ritter schaut frohlockend um im Kreise:
»Ihr seht, ich bin besieget nicht allein,
Doch, Heil der Schmach! Heil meiner weiten Reise,
Die her mich führt′, solch′ lieblich Kind zu frei′n.

Herr Simon, gebt zur Gattin mir Jolanthe,
Auf meinen Uebermuth seht nicht zurück!
Sie und Frau Bertha schnell den Sinn mir wandte,
Ich zweifle nicht mehr an der Ehe Glück!«

»Nun seht, wie trefflich ich an Euch gehandelt,
Daß ich Euch Arm und Beine fast entzweit;
So sei ein jeder Ketzer umgewandelt,
Der zweifelt an der Ehe Herrlichkeit!

Nehmt meinen Segen und, Jolanthe, flöße
Ihm immer solches Liebesfeuer ein,
Daß er beweise flugs durch Hieb und Stöße,
Wie schön es ist, ein gutes Weib zu frei′n,

Wenn wieder kommt ein Ritter, so ein kecker,
Der von des Hauses Glück nichts weiß und kann,
Zu Boden schlag′ er erst den kühnen Necker
Und schick′ ihn in der Frauen Schule dann!«

Noch einmal Bertha in den Arm er schließet
Und auch Herr Corsant kann nichts Bess′res thun,
Ob auch der Thräne Perle hell ergießet
Sich aus Jolanthens schönem Auge nun.

Er küßt sie fort, die Zeichen süßer Wonne,
Daß bald es wieder lächelt hell und blau,
Wie heiß und durstig trinkt der Strahl der Sonne
Vom Kelch der Rose weg den Morgenthau.

Dann geht′s hinein zur frohen Tafelrunde,
Doch nur ein einz′ger Trinkspruch wird gebracht,
Herr Simon rief ihn aus mit stolzem Munde –
Der Gattin galt′s, die ihn so stark gemacht!

O hoffen wir, daß auch in unsern Zeiten
Noch so beglückend ist das Band der Eh′,
Daß jedem, der es spöttisch will bestreiten,
Wird solch ein Feind wie Simon von Blonay!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Ehekämpen (9) von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Ehekämpen (9)“ von Luise Büchner ist eine humorvolle und augenzwinkernde Auseinandersetzung mit dem Thema Ehe und den damit verbundenen „Kämpfen“ und Freuden. Das Gedicht erzählt die Geschichte des Ritters Corsant, der ursprünglich gegen die Ehe eingestellt war, aber durch die Überredungskunst von Frau Bertha und Jolanthe, in die er sich verliebt hat, seine Meinung ändert und um Jolanthes Hand anhält.

Der Text ist in einer lebendigen und bildreichen Sprache verfasst, die eine Mischung aus Ritterromantik und heiterer Ironie aufweist. Büchner verwendet eine Reihe von sprachlichen Mitteln, um die verschiedenen Charaktere und deren Emotionen darzustellen. So wird beispielsweise die Freude und Erregung über die Ankunft des Hausherrn durch die beschreibenden Adjektive und die Reaktion der Anwesenden verdeutlicht. Gleichzeitig werden die „Ehekämpfe“ als ein Spiel dargestellt, bei dem sowohl Männer als auch Frauen ihre Stärken ausspielen.

Das Gedicht gipfelt in Corsants Sinneswandel und seinem Heiratsantrag. Die vorherigen Zweifel des Ritters werden durch die Macht der Liebe und die Überzeugungskraft der Frauen besiegt. Die Ironie liegt darin, dass Corsant durch die „weibliche Schule“ (gemeint ist das Beeinflussen durch Bertha und Jolanthe) vom Gegner der Ehe zu ihrem Verfechter wird. Die abschließenden Verse bekräftigen die Bedeutung der Ehe und sprechen eine Warnung für all jene aus, die sie verspotten.

Die Rolle der Frauen in diesem Gedicht ist besonders interessant. Frau Bertha und Jolanthe werden als aktive und entscheidungsfreudige Frauen dargestellt, die Corsant letztendlich „besiegen“ und von der Ehe überzeugen. Das Gedicht feiert damit die Stärke und den Einfluss von Frauen in einer Zeit, in der dies nicht selbstverständlich war. Es ist eine Liebeserklärung an die Ehe, die mit Humor und einem positiven Blick auf die Geschlechterrollen verbunden ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.