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Dichtersegen

Von

Nichts rührt die Seele an so göttlich schön,
Als sich in einem Andern selbst zu fühlen,
Gedanken, die gestaltlos in uns wühlen,
In edler Form verkörpert vor uns seh′n.

Den Dichter hat dein Auge nie erblickt,
Und plötzlich steht, ein Freund, er dir zur Seite,
Und manchem Zweifel, manchem stillen Leide
Hat deinen Geist auf einmal er entrückt.

Du irrest nicht – denn sieh! so denkt er auch,
Dein Herz spricht wahr – im Seinen ist erklungen
Derselbe Ruf, der dich so tief durchdrungen,
Und deine Thräne füllte einst sein Aug′!

Er hat gekämpft wie du – und vor dir her
Fliegt hoch sein Geist, das Rechte dir zu zeigen,
Wie stiller Segen will sich′s auf dich neigen
Und aufwärts stiegst du eine Stufe mehr!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Dichtersegen von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Dichtersegen“ von Luise Büchner feiert die transformative Kraft der Poesie und die tiefe Verbindung, die zwischen Dichter und Leser entstehen kann. Das Gedicht beginnt mit der Feststellung, dass es nichts Schöneres gibt, als sich in einem anderen Menschen wiederzufinden, speziell in den Gedanken, die bisher formlos und unausgesprochen in einem selbst lebten. Büchner hebt hervor, wie diese Gedanken durch die Dichtung eine Gestalt annehmen und dem Leser somit greifbar werden. Der Dichter wird so zu einem „Freund“, der dem Leser in schwierigen Momenten zur Seite steht und ihn von Zweifeln und Leiden befreit.

Der zweite Teil des Gedichts thematisiert die Erkenntnis, dass man im Dichter einen Gleichgesinnten findet. Man irrt nicht, denn die eigenen Gefühle und Gedanken, die man für einzigartig hielt, werden im Gedicht des Dichters widergespiegelt. Das Herz des Lesers bestätigt die Wahrheit in den Worten des Dichters, und durch diese Resonanz wird eine tiefe emotionale Verbundenheit geschaffen. Dies drückt sich auch in der geteilten Erfahrung von Schmerz und Leid aus, was durch die „Thräne“, die im Auge des Dichters und des Lesers gleichermaßen geweint wurde, symbolisiert wird.

Im dritten Teil wird die Parallele zwischen dem Dichter und dem Leser in Bezug auf den Kampf um Wahrheit und Erkenntnis weitergeführt. Der Dichter, der bereits den Weg gegangen ist, dient nun als Führer, der den Leser auf seinem eigenen Weg unterstützt und ihm hilft, das Rechte zu erkennen. Büchner beschreibt die Wirkung des Dichters als einen „stillen Segen“, der den Leser auf seinem Weg nach oben unterstützt und ihm hilft, eine „Stufe mehr“ zu erklimmen. Dies deutet auf eine spirituelle oder intellektuelle Weiterentwicklung hin, die durch die Begegnung mit der Dichtung ermöglicht wird.

Insgesamt ist das Gedicht eine Hommage an die verbindende Kraft der Kunst und die tröstliche Erkenntnis, dass man in seinen Gefühlen und Gedanken nicht allein ist. Büchner beschreibt die Dichtung als eine Quelle der Heilung, der Erkenntnis und des Trostes, die durch die geteilten Erfahrungen und die gegenseitige Unterstützung zwischen Dichter und Leser ermöglicht wird. Es ist eine Feier der menschlichen Erfahrung und der Fähigkeit der Poesie, uns mit uns selbst und mit anderen zu verbinden.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.