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Der Nibelungen Hort

Von

Der Schiffer treibt im Nachen
Auf mondbeglänzter Fluth,
Die Wellen rauschen lockend,
Wie er so träumend ruht.

Es schauen Burgruinen
Vom Ufer groß und hehr,
Er denkt der alten Zeiten,
Wo sie nicht wüst und leer.

Der Zeiten, wo die Liebe,
Das Glück dem Tapfern hold;
Wo ist der Durst nach Ruhme?
Es herrscht der Durst nach Gold.

Süß hallet über′s Wasser
Der Lorelei Gesang,
Der Nebel regt und formt sich
Am fels′gen Uferhang.

Und mächtige Gestalten,
Sie nahen ernst und leis,
Sie locken ihn unmerklich,
Hinein in ihren Kreis.

Dann theilen sich die Wellen
Und drängen weit zurück,
Es spähet tief hinunter
Sein ahnungsvoller Blick.

Da funkeln Kron′ und Becher
Und Spangen sonder Zahl,
Es leuchtet rings die Tiefe
Von der Juwelen Strahl.

Und nun erkennt er Alles,
Die Nächt′gen, wie den Ort,
Das sind die Nibelungen,
Das ist ihr reicher Hort.

Viel bleiche Hüter sitzen
Dort unten bei der Pracht,
»O wer das Wort nun wüßte,
Das starr die Wellen macht!«

Und wer die Stätte fände
Beim lichten Tagesschein!«
Die grauen Nibelungen,
Sie schaun gar höhnisch drein.

Und wie er späht am Ufer,
Und wie er sucht das Wort,
Da schließen sich die Wellen,
Verschwunden ist der Hort.

Allnächtlich weilt der Schiffer
Nun auf des Stromes Fluth,
Er sucht bei Loreleis Tönen
Den Hort, der unten ruht.

Doch einmal treibt der Nachen
Verlassen hin und her,
Und bei dem Horte sitzet
Ein bleicher Hüter mehr.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Nibelungen Hort von Auguste Kurs

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Nibelungen Hort“ von Auguste Kurs beschreibt eine Szene der Verlockung und des Scheiterns, eingebettet in die romantische Atmosphäre des Rheins. Das Gedicht beginnt mit einem Schiffer, der auf seinem Kahn auf dem mondbeschienenen Fluss dahingleitet und von den Wellen und den alten Burgruinen am Ufer in Träumereien versetzt wird. Die Verse beschwören eine vergangene Zeit herauf, in der Liebe und Glück dem Tapferen hold waren, im Kontrast zur Gegenwart, in der der Durst nach Ruhm vom Durst nach Gold verdrängt wurde. Die Beschreibung der Landschaft, insbesondere die „lockenden“ Wellen und die „großen und erhabenen“ Burgruinen, erzeugt eine Atmosphäre der Melancholie und Sehnsucht.

Der zweite Teil des Gedichts wird von der Anziehungskraft der Lorelei und der Nibelungen selbst dominiert. Der Gesang der Lorelei, der über das Wasser hallt, und die sich im Nebel formenden Gestalten ziehen den Schiffer unmerklich in ihren Bann. Die Beschreibung der sich teilenden Wellen und der Blick in die Tiefe, wo Kronen, Becher und Juwelen funkeln, symbolisieren die Verlockung des Reichtums und die Gefahren, die damit verbunden sind. Der Schiffer erkennt den Hort der Nibelungen und die bleichen Hüter, die ihn bewachen. Dies deutet auf die Tragik hin, die mit dem Streben nach Reichtum verbunden ist, und auf die Unmöglichkeit, das begehrte Ziel zu erreichen.

Das Gedicht thematisiert die Vergänglichkeit des menschlichen Strebens und die Macht von Verlockungen. Der Schiffer sucht nach dem verlorenen Hort, doch das Gedicht unterstreicht die Unmöglichkeit, diesen zu finden oder gar zu besitzen. Die Nibelungen scheinen ihn zu verspotten, was die aussichtslose Suche des Schiffer zusätzlich betont. Die wiederholte Suche nach dem „Wort“ und der „Stätte“ verdeutlicht die Suche nach einer Lösung, die letztendlich scheitert.

Das Ende des Gedichts ist von Tragik geprägt. Der Schiffer sucht allnächtlich nach dem Hort, bis sein Kahn schließlich verlassen ist, und am Ende ein weiterer bleicher Hüter am Hort sitzt. Dies deutet darauf hin, dass der Schiffer durch seine Besessenheit von dem Schatz selbst zu einem Teil des Mythos geworden ist. Dies unterstreicht die Warnung vor dem Streben nach materiellem Reichtum und die daraus resultierende Gefahr des Verlustes der eigenen Seele. Die romantischen Elemente der Landschaft und der Mythen des Rheins werden hier verwendet, um die tiefgreifenden menschlichen Sehnsüchte und die Gefahren der Gier zu erforschen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.