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Der Luftschiffer

Von

Gefahren bin ich in schwankendem Kahne
Auf dem blaulichen Oceane,
Der die leuchtenden Sterne umfließt,
Habe die himmlischen Mächte begrüßt.
War, in ihrer Betrachtung versunken,
Habe den ewigen Aether getrunken,
Habe dem Irdischen ganz mich entwandt,
Droben die Schriften der Sterne erkannt
Und in ihrem Kreisen und Drehen
Bildlich den heiligen Rhythmus gesehen,
Der gewaltig auch jeglichen Klang
Reißt zu des Wohllauts wogendem Drang.
Aber ach! es ziehet mich hernieder,
Nebel überschleiert meinen Blick,
Und der Erde Grenzen seh′ ich wieder,
Wolken treiben mich zurück.
Wehe! Das Gesetz der Schwere
Es behauptet nur sein Recht,
Keiner darf sich ihm entziehen
Von dem irdischen Geschlecht.

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Gedicht: Der Luftschiffer von Karoline von Günderode

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Luftschiffer“ von Karoline von Günderode beschreibt eine Reise des lyrischen Ichs in spirituelle Höhen und den anschließenden Absturz in die Realität. Es beginnt mit einer Beschreibung der Erfahrung des „Schwebens“ im „schwankenden Kahne“ über dem Ozean, der die Sterne umgibt. Das lyrische Ich scheint in dieser himmlischen Sphäre die „himmlischen Mächte“ zu begrüßen, in deren Betrachtung es versunken ist und den „ewigen Aether“ trinkt. Diese Bilder erzeugen eine Atmosphäre der Transzendenz und des Loslösens von der irdischen Welt.

In der zweiten Strophe erfährt das lyrische Ich eine Art Erkenntnis. Es hat sich von der „Irdischen“ Welt entfernt und „droben die Schriften der Sterne erkannt“. Es erkennt den heiligen Rhythmus, der in den Sternen zu sehen ist, und der jeglichen Klang zu einem „Wohllauts wogendem Drang“ reißt. Dies deutet auf ein Verständnis der kosmischen Ordnung und Harmonie hin, das über die Grenzen der irdischen Erfahrung hinausgeht. Das Ich scheint also einen Zustand der Erleuchtung und des tiefen Verständnisses des Universums erreicht zu haben.

Die dritte Strophe markiert einen deutlichen Umschwung. „Aber ach!“ leitet den Fall ein. Das lyrische Ich wird zurück zur Erde gezogen, und sein Blick wird durch Nebel verschleiert. Es ist gezwungen, die Grenzen der Erde wiederzusehen, und wird von Wolken zurückgetrieben. Dies symbolisiert den Abstieg des Ichs aus der spirituellen Höhe in die irdische Realität, in der es gefangen ist. Der Traum von Freiheit und Transzendenz wird durch die Realität der Schwere zunichtegemacht.

Die abschließende Strophe ist eine bittere Erkenntnis. Das Gesetz der Schwere „behauptet nur sein Recht“, und niemand kann sich ihm entziehen. Diese Zeilen betonen die Unausweichlichkeit der irdischen Gesetze, die jede menschliche Existenz bestimmen. Das Gedicht endet mit einer resignierten Akzeptanz der Beschränkungen des irdischen Lebens und der Unmöglichkeit, dauerhaft den Fesseln der Schwerkraft und des Irdischen zu entkommen. Es spiegelt die Dualität von Sehnsucht nach Transzendenz und der Realität der irdischen Begrenzungen wider.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.