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Der Husar von Auerstädt

Von

Nach dem Tage war es von Auerstädt;
Verloren die preußische Ehre;
In alle Winde die Fahnen verweht;
Zerbrochen Waffen und Wehre;
Da lag bei Nacht in waldiger Schlucht
Zu kurzer Rast nach ermattender Flucht
Ein Trupp vom geschlagenen Heere.

Beim erloschenen Feuer am Boden schlief
So Offizier wie Gefreiter.
Nur einer wachte, der seufzte tief,
Ein Major der Blücherschen Reiter.
Er starrte tief in das Dunkel hinein
Und knirscht′ in die Zähne: »Beim Ewigen, nein!
Ich folge der Flucht nicht weiter!

O daß mich keine der Kugeln traf,
Und tausende hört′ ich doch pfeifen!
Nun läg′ ich ruhig im ewigen Schlaf,
Statt ehrlos weiter zu schweifen,
Statt lebend zu schauen in Scham und Wut,
Wie fränkische Schergen durch Schmach und Blut
Mein Preußen zu Tode schleifen.«

Da wiehert sein Roß; er schwingt sich empor
Und spornt es zu rasender Schnelle.
So führt ihn der Pfad an des Städtleins Thor
Beim Dämmern der Morgenhelle;
Und dort vor dem Wirtshaus macht er Halt:
»Schaff Hafer dem Gaul! Bring Wein alsbald!
Was zögerst du, träger Geselle?«

Groß starrt ihm der Wirt entgegen. »Major,
Wo ließt Ihr Augen und Ohren?
Ihr spielt ums Leben. Das Lannessche Corps
Rückt eben herein zu den Thoren.«
Doch der Reiter schwingt sich vom Sattel und ruft:
»Wein her! In der graulichen Morgenluft
Ist mir das Blut wie gefroren.

Stoßt an! Auf besser kommende Zeit!
Daß ein Geist sie, ein neuer, durchzücke,
Ein Geist, der vom Joch die Gemüter befreit,
Von Selbstsucht, Dünkel und Tücke!« –
Nun leert er das Glas; nun schenkt er es voll;
Horch! Trommelwirbel, Kanonengeroll,
Dumpf dröhnend über die Brücke!

»Um Gott, Herr, wenn ich Euch raten mag,
Flieht, flieht, statt länger zu zechen!«
Doch lauter ruft jener. »Ein Hoch dem Tag,
Wo wir die Ketten zerbrechen,
Wo das würgende Schwert die Franzosen frißt,
Wo welsche Hoffart und welsche List
Erstickt in blutigen Bächen!

Und verströmen wir alle das Leben auch
Aus klaffender Herzenswunde,
Wir jubeln froh mit dem letzten Hauch
Entgegen der rächenden Stunde:
Heil, Deutschland, Heil! Steig auf verjüngt
Aus dem Boden, mit unserm Blute gedüngt
Und den Leichen der fränkischen Hunde!«

»Da sind sie!« jammert der Wirt totblaß,
»O spaltete gleich sich die Erde!« –
Doch der Reiter schleudert in Scherben das Glas
Und steigt kaltblütig zu Pferde;
Dann ruft er, die Doppelpistolen gespannt:
»Noch winkt dem Freien ein Vaterland!
Laßt sehn, ob zu teil es mir werde!«

Anrücken die Feinde mit klingendem Spiel;
Er sprengt auf dem schnaubenden Tiere
Der Front entgegen und wählt sein Ziel
Und streckt auf den Boden viere.
Da knattert die Salve; von Dampf umflort,
Stürzt Roß und Reiter zumal, durchbohrt
Von den Kugeln der Füsiliere.

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Gedicht: Der Husar von Auerstädt von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Husar von Auerstädt“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine dramatische Ballade, die die Reaktion eines preußischen Offiziers nach der verheerenden Niederlage in der Schlacht von Auerstädt thematisiert. Es zeichnet das Porträt eines Mannes, der angesichts von Schmach und Niederlage nicht in Resignation verfällt, sondern einen trotzigen Widerstand und den unbedingten Glauben an die Wiedergeburt seines Vaterlandes manifestiert.

Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung des Schlachtfeldes nach der Niederlage, der zerbrochenen preußischen Ehre und der Flucht der Soldaten. In dieser trostlosen Szene erwacht die innere Rebellion des Majors. Er weigert sich, der Flucht zu folgen und sinnt stattdessen auf Rache und die Befreiung Deutschlands. Sein Zorn über die Schmach, die sein Land erlitten hat, und sein Wunsch nach einem ehrenvollen Tod zeigen seinen Patriotismus und seine Entschlossenheit. Die folgenden Strophen beschreiben seine entschlossene Vorbereitung auf den Kampf.

Die zentrale Szene des Gedichts ist der Besuch des Majors in einem Wirtshaus. Hier spricht er, trotz der unmittelbaren Gefahr durch die anrückenden französischen Truppen, einen Toast auf eine bessere Zukunft aus. Er fordert die Befreiung von Unterdrückung und Selbstsucht und verherrlicht den Opfertod für das Vaterland. Dieser Moment der heldenhaften Selbstaufopferung, in dem er seine Hoffnung auf eine zukünftige Freiheit ausdrückt, zeigt seinen unerschütterlichen Glauben an die Erneuerung Deutschlands, selbst angesichts des Todes.

Das Gedicht kulminiert in dem heldenhaften Selbstmord des Majors. Unbeirrt von der Bedrohung durch die anrückenden Feinde, stürzt er sich mutig in den Kampf. Er wählt seine Ziele, tötet einige Feinde und stirbt schließlich, durchbohrt von Kugeln. Der Tod des Majors ist nicht nur ein tragischer Verlust, sondern auch ein Triumph des Geistes und des Patriotismus. Sein Tod wird als Opfer für die zukünftige Freiheit Deutschlands dargestellt.

Schacks Gedicht ist von einem hohen Maß an Pathos und Dramatik geprägt, das durch die Verwendung von starker Sprache und eindringlichen Bildern erreicht wird. Die klaren Kontraste zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Ehre und Schmach sowie Leben und Tod verstärken die emotionale Wirkung des Gedichts. Der „Husar von Auerstädt“ ist ein kraftvolles Zeugnis von Patriotismus, Widerstandsfähigkeit und dem Glauben an eine bessere Zukunft, selbst in den dunkelsten Stunden der Geschichte.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.