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Der Gast

Von

In meiner Kammer,
wo die Sonne es sieht,
Sitzt im weißen Kleide
mein jüngstes Lied.

Sitzt da und lächelt:
nun diene mir,
bin deshalb kommen
so schön zu dir.

Ich aber knie
ganz stumm mich hin,
mir ist, als ob ich
im Himmel bin.

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Gedicht: Der Gast von Maria Janitschek

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Gast“ von Maria Janitschek beschreibt eine innige und fast schon mystische Begegnung mit der eigenen Kreativität, personifiziert als „jüngstes Lied“. Die Dichterin empfindet das Lied als Gast in ihrer Kammer, einem Ort, der von der Sonne, also dem Leben und der Offenheit, erhellt wird. Die weiße Kleidung des Liedes symbolisiert Reinheit, Unschuld und die Potenzialität des noch ungeschriebenen Werkes. Das Bild der Personifizierung verleiht dem Lied eine greifbare Form, wodurch die Autorin eine unmittelbare Beziehung zu ihrem kreativen Impuls aufbaut.

Das Lied spricht die Autorin direkt an und fordert sie auf, ihm zu dienen, was bedeutet, dass es ihre Aufmerksamkeit und Hingabe für seine Entstehung erfordert. Das Lächeln des Liedes impliziert eine spielerische Leichtigkeit und zugleich eine tiefe Sehnsucht nach Ausdruck. Die Autorin reagiert darauf mit Demut und Ehrfurcht, indem sie kniet. Diese Geste des Knien symbolisiert die Hingabe, die Bereitschaft, sich dem kreativen Prozess zu unterwerfen und die innere Achtsamkeit, die für das Schaffen notwendig ist.

Die Metapher des Himmels am Ende des Gedichts ist von besonderer Bedeutung. Sie deutet auf einen Zustand der Ekstase und der Erhabenheit hin, der mit dem kreativen Akt einhergeht. Das Knien und die empfundene Nähe zum Göttlichen unterstreichen die spirituelle Dimension des Schaffensprozesses für Janitschek. Die Autorin scheint sich in diesem Moment der Hingabe vollkommen dem Schaffen zu widmen und das Lied, also die Inspiration, als ein Geschenk zu empfangen.

Insgesamt ist „Der Gast“ eine intime Betrachtung über die Beziehung zwischen der Künstlerin und ihrer Inspiration. Es zeugt von der Ehrfurcht vor dem kreativen Impuls und der Erkenntnis, dass das Schaffen ein Akt der Hingabe und ein Moment der Transzendenz sein kann. Janitschek vermittelt mit wenigen, einfachen Worten eine tiefe Wertschätzung für die Macht der Kunst und die besondere Erfahrung, die mit dem Schöpfungsprozess einhergeht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.