Das Weltrad
Das Weltrad saust,
Ich sause mit!
Es schüttert, schleudert, rast, braust
Pfeifendschrill –
Ich schleudere, rase, brause mit
Weil ich will! weil ich will!
Ich geh täglich meine mühsamen Schritte,
Doch – zu wirbelndem Fluge
Im Zeit-Zuge
Reißt mich des Weltrades Kraftmitte
Vorwärts!
Das Weltradsausen singt,
Der unaufhörlich große Ton bezwingt
Mich in den Rasekreis:
Das ist mein Schicksalsbeschluß,
Das ist alles, was ich weiß:
Daß ich mitsausen,
Daß ich mitbrausen
Muß!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das Weltrad“ von Gerrit Engelke ist eine dynamische Auseinandersetzung mit dem Gefühl der Zugehörigkeit und der unaufhaltsamen Bewegung des Lebens. Das lyrische Ich identifiziert sich stark mit dem „Weltrad“, einem Metaphern für die Welt, die sich ständig in Bewegung befindet. Die wiederholte Aussage „Ich sause mit!“, „Ich schleudere, rase, brause mit“ und „Daß ich mitsausen, / Daß ich mitbrausen / Muß!“ verdeutlicht die tiefe Verbundenheit und den Willen des Ichs, Teil dieses rasanten Prozesses zu sein. Die verwendete Sprache ist rhythmisch und expressiv, was die Dynamik und den Sog des Weltrades zusätzlich unterstreicht.
In den ersten Strophen wird die Unausweichlichkeit der Teilhabe am Weltrad betont. Die Verwendung von Verben wie „schüttert“, „schleudert“, „rast“ und „braust“ vermittelt ein Gefühl von Geschwindigkeit und Unbändigkeit, dem sich das lyrische Ich nicht entziehen kann oder will. Die Formulierung „Weil ich will! weil ich will!“ unterstreicht die aktive Entscheidung für diese Teilnahme, anstatt nur passiv von der Welt mitgerissen zu werden. Der Widerspruch zwischen den „mühsamen Schritten“ des Alltags und dem „wirbelnden Fluge“ im Zeit-Zuge deutet auf eine Sehnsucht nach dem Überwinden des Alltäglichen und die Erfüllung durch die Teilnahme am großen Ganzen hin.
Die zweite Hälfte des Gedichts vertieft die Thematik der Identifikation und der Unvermeidbarkeit. Das „Weltradsausen singt“, wodurch eine bezaubernde und unwiderstehliche Kraft ausgedrückt wird. Das lyrische Ich wird von diesem „unaufhörlich großen Ton“ bezwungen und findet sich in einem „Rasekreis“ wieder. Dies suggeriert eine Art Sogwirkung, in der das Individuum vollständig von der Bewegung der Welt erfasst wird. Die Aussage „Das ist mein Schicksalsbeschluß, / Das ist alles, was ich weiß:“ verstärkt den Eindruck der Kapitulation vor dem unaufhaltsamen Fluss der Ereignisse.
Insgesamt zeichnet Engelke in „Das Weltrad“ ein Bild von aktivem Mitmachen, von Verschmelzung mit der Welt und dem Leben, wie es existiert. Das Gedicht feiert das Gefühl der Dynamik und des Mitgerissen-Werdens. Es ist ein Bekenntnis zum Leben in all seinen Facetten, einschließlich des Rasens und Brausens, welche die Welt ausmachen. Die Betonung des „Muss“ am Ende deutet jedoch auch auf eine gewisse Melancholie hin – die Erkenntnis, dass wir Teil eines großen Ganzen sind, dem wir uns fügen müssen, ob wir wollen oder nicht.
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Lizenz und Verwendung
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