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Dann, wenn du gehst…

Von

Dann, wenn Du gehst, scheinst Du mir nie gewesen.
Ich finde mich, wie der vom Traum erwacht,
Versehnt nach einer nächsten tiefern Nacht,
Zur alten Lüge lächelnd zu genesen.

Dann, wenn Du kommst, weiß ich mich nicht erhalten
Je ohne Dich, Du Herz der toten Welt:
Du Brand, vor dessen Glut mich das Erkalten,
Dem ich entrann, erinnernd überfällt –

So schwank ich, willig immer zu verlachen
Der frühern Stunde Armut; find ich mich
Zwischen Phantomen taumelnd; in den Rachen

Gleit ich der Zeit, unwissend: liebt ich Dich
Eben im Traum, eben im Traum-Erwachen?
Dies nur: ich tats, blieb unabänderlich.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Dann, wenn du gehst... von Maria Luise Weissmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Dann, wenn du gehst…“ von Maria Luise Weissmann zeichnet ein komplexes Bild der Liebe, das von Vergänglichkeit, Sehnsucht und der Zerrissenheit zwischen Präsenz und Abwesenheit geprägt ist. Es thematisiert die paradoxen Zustände, die mit der Anwesenheit und Abwesenheit einer geliebten Person einhergehen, und die damit verbundene innere Zerrissenheit der Sprecherin. Die Form des Gedichts, mit ihren zwei präzise gegliederten Quartetten und einem abschließenden Sextett, unterstützt die inhaltliche Struktur und betont die Dualität der erlebten Emotionen.

Im ersten Teil des Gedichts, der durch das „Dann, wenn Du gehst“ eingeleitet wird, beschreibt die Sprecherin einen Zustand der Leere und Entfremdung. Die Abwesenheit der geliebten Person führt dazu, dass die Beziehung als nie existent erscheint. Dies manifestiert sich in einem Gefühl des „vom Traum Erwachens“, was auf eine Illusion hindeutet, die sich in der Abwesenheit auflöst. Die Sprecherin sehnt sich nach einer „nächsten tiefern Nacht“, was auf eine Sehnsucht nach der Wiederholung dieses Zustands oder nach einem tieferen Verständnis des Erlebten hindeutet. Die Zeile „Zur alten Lüge lächelnd zu genesen“ deutet auf eine gewisse Zynik oder Resignation hin, in der die Sprecherin die Illusion der Liebe als „alte Lüge“ betrachtet, der sie aber dennoch immer wieder verfällt.

Der zweite Teil des Gedichts, der durch das „Dann, wenn Du kommst“ eingeleitet wird, offenbart die Abhängigkeit der Sprecherin von der geliebten Person. In ihrer Anwesenheit fühlt sie sich ohne diese nicht existent und betrachtet die geliebte Person als „Herz der toten Welt“. Die Metapher des „Brand[s]“ und des „Erkaltens“ veranschaulicht die ambivalente Natur der Liebe: Sie ist sowohl eine Quelle der Intensität und Leidenschaft als auch der möglichen Zerstörung. Die Zeile „Dem ich entrann, erinnernd überfällt“ deutet auf die Gefahr hin, der die Sprecherin in der Liebe ausgesetzt war und die sie dennoch immer wieder aufs Neue anzieht.

Im abschließenden Sextett verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Traum. Die Sprecherin schwankt zwischen den Polen, „willig immer zu verlachen“ die „Armut“ früherer Zeiten und erlebt eine taumelnde Reise „zwischen Phantomen“. Sie gleitet in den „Rachen der Zeit“, ein Bild, das sowohl die Vergänglichkeit des Glücks als auch die Unausweichlichkeit des Schicksals impliziert. Die abschließenden Zeilen, „Dies nur: ich tats, blieb unabänderlich“, drücken die unaufhaltsame Natur der Liebe aus, die die Sprecherin trotz aller Erkenntnisse und Erfahrungen weiterhin erlebt. Das Gedicht endet mit einem Gefühl der Akzeptanz und der Unveränderlichkeit des Liebens, trotz der damit verbundenen Schmerzen und Illusionen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.