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Wie rafft ich mich auf in der Nacht

Von

Wie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht,
Und fühlte mich fürder gezogen,
Die Gassen verließ ich, vom Wächter bewacht,
Durchwandelte sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Das Tor mit dem gotischen Bogen.

Der Mühlbach rauschte durch felsigen Schacht,
Ich lehnte mich über die Brücke,
Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht,
Die wallten so sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Doch wallte nicht Eine zurücke.

Es drehte sich oben, unzählig entfacht,
Melodischer Wandel der Sterne,
Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht,
Sie funkelten sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Durch täuschend entlegene Ferne.

Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht,
Ich blickte hinunter aufs neue:
O wehe, wie hast du die Tage verbracht!
Nun stille du sacht
In der Nacht, in der Nacht,
Im pochenden Herzen die Reue!

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Gedicht: Wie rafft ich mich auf in der Nacht von August von Platen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wie rafft ich mich auf in der Nacht“ von August von Platen ist eine bewegte und tief reflektierende Darstellung eines nächtlichen Spaziergangs, der von einer inneren Auseinandersetzung begleitet wird. In der ersten Strophe beschreibt der Dichter, wie er sich in der Dunkelheit der Nacht aufrafft und die vertrauten Straßen verlässt, während er vom Wächter unbemerkt ist. Die „Gassen“ und das „Tor mit dem gotischen Bogen“ symbolisieren den Übergang von der bekannten Welt des Tages in eine mystische, introspektive Nachtwelt. Der nächtliche Spaziergang stellt eine Flucht dar, ein Moment des Alleinseins und der Auseinandersetzung mit sich selbst.

In der zweiten Strophe beschreibt der Dichter die beruhigende und gleichzeitig bedrohliche Natur des Mühlbachs, dessen Wasser unter der Brücke rauscht. Der Dichter lehnt sich über die Brücke und beobachtet die Strömung, wobei er „der Wogen in Acht“ nimmt. Die sanfte Bewegung des Wassers steht im Kontrast zu der inneren Unruhe und dem nachdenklichen Zustand des Sprechers, der sich in dieser ruhigen, natürlichen Umgebung mit seinen eigenen Gedanken auseinandersetzt. Die wiederholte Betonung auf das sanfte „Wallen“ des Wassers in der Nacht hebt die Ruhe und die Melancholie der Szene hervor, doch das Fehlen einer rückläufigen Welle könnte auf eine unerreichbare oder irreversible Natur des Geschehenen hinweisen.

In der dritten Strophe wird die Weite des Himmels thematisiert. Der Dichter beschreibt den „melodischen Wandel der Sterne“ und den „Mond in beruhigter Pracht“, die in der Ferne funkelnd erscheinen. Dieser Bildgebrauch stellt die Unendlichkeit des Himmels und des Universums dar, das sich in seiner Pracht und Ruhe von den menschlichen Sorgen abhebt. Das Bild der Sterne als „unzählig entfacht“ verstärkt das Gefühl der Kleinheit und Vergänglichkeit des Menschen im Angesicht des Unendlichen und Ewigen. Es ist ein Moment der Bewunderung der kosmischen Ordnung, die gleichzeitig tröstlich und entfremdend wirkt.

In der letzten Strophe wendet sich der Dichter seiner eigenen inneren Auseinandersetzung zu. Die Frage „O wehe, wie hast du die Tage verbracht?“ zeigt eine Selbstanklage, ein bedauernswerter Rückblick auf das Leben. In der Stille der Nacht, in der er sich selbst gegenübersteht, wird die „Reue“ in seinem „pochenden Herzen“ spürbar. Das nächtliche Setting dient hier als Metapher für eine tiefe innere Reflexion und einen Moment der Besinnung auf vergangene Fehler und verpasste Chancen. Die Nacht, die zuvor als ruhiger Rückzugsort erschien, wird nun zum Raum der Selbstverurteilung und des Bedauerns.

Das Gedicht beschreibt den nächtlichen Spaziergang nicht nur als eine äußere Bewegung durch die Dunkelheit, sondern als einen symbolischen Akt der Konfrontation mit sich selbst und den eigenen Gefühlen von Reue und Selbstkritik. Die Natur und das Universum, das der Dichter in der Nacht betrachtet, spiegeln die unendliche Weite und die Gleichgültigkeit des Universums gegenüber menschlichen Fehlern wider. Doch gleichzeitig wird der innere Konflikt des Sprechers deutlich, der die Unausweichlichkeit seiner eigenen Reue spürt und sich mit den Konsequenzen seiner vergangenen Handlungen auseinandersetzt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.