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Auff den Tag deß Apostels Andreæ

Von

Es fahre was mich hält! es fahre Schiff vnd Netze!
Es fahre Gunst vnd Ruhm! es fahre Pracht vnd Geld!
Es fahre Schein vnd Ehr! es fahre/ was die Welt
Hoch/ Groß vnd herrlich nennt! was acht ich ihrer Schätze?
Mein Schatz/ auff den ich Gut/ Hertz/ Haab vnd Geister setze
Ist einig meine Lust! ob schon der Himmel fällt
Doch wil ich durch ihn stehn/ was acht ich/ ob das Zelt
Der Erden mir zu eng′/ vnd ob man Schwerdter wetze
Auff diß mein irrdisch Fleisch? ihr Feinde schnaubt vnd thut
Was Grimm vnd Haß euch lehrt! vergiest die Handvol Blutt
Zureist den schwachen Leib/ zutrent diß matte Leben!
O seelig/ wenn ich frey von dieser Glieder Band
Durch diß was sterben heist/ dir Jesu in die Hand
Zum Pfand verliebter Treu/ die Seele werde geben!

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Gedicht: Auff den Tag deß Apostels Andreæ von Andreas Gryphius

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auff den Tag deß Apostels Andreæ“ von Andreas Gryphius ist eine leidenschaftliche Verlautbarung des Glaubens und eine Verachtung irdischer Werte zugunsten der Hingabe an Gott. Es beginnt mit einer Reihe von Imperativen, die in ihrer rhetorischen Kraft alles Irdische verwerfen: Schiffe, Netze, Gunst, Ruhm, Pracht, Geld, Schein, Ehre und alles, was die Welt als groß und herrlich betrachtet, werden als bedeutungslos erklärt. Diese Ablehnung irdischer Güter dient als Fundament für die Betonung der alles übersteigenden Bedeutung des Glaubens an Jesus Christus.

Der zentrale Vers „Mein Schatz/ auff den ich Gut/ Hertz/ Haab vnd Geister setze / Ist einig meine Lust! ob schon der Himmel fällt“ zeigt das Herzstück des Gedichts. Hier wird der Glaube als einziger wahre Reichtum und Freude des lyrischen Ichs manifestiert. Selbst wenn der Himmel zusammenstürzte, was eine Metapher für das Ende der Welt oder große Katastrophen sein kann, würde der Glauben Bestand haben. Diese Standhaftigkeit wird durch die folgenden Verse noch verstärkt, indem sogar die Bedrohung durch Feinde und den Tod als irrelevant abgetan wird.

Die zweite Hälfte des Gedichts wandelt sich von der negativen Abgrenzung von der Welt zur positiven Erwartung des Todes als Tor zur Vereinigung mit Jesus. Die Formulierung „O seelig/ wenn ich frey von dieser Glieder Band / Durch diß was sterben heist/ dir Jesu in die Hand / Zum Pfand verliebter Treu/ die Seele werde geben!“ drückt die tiefe Sehnsucht nach Erlösung und die Bereitschaft, das irdische Leben aufzugeben, um in die Arme Gottes einzugehen. Der Tod wird hier nicht als Ende, sondern als Befreiung und als Akt der Liebe und Treue dargestellt.

Stilistisch zeichnet sich das Gedicht durch seine barocke Rhetorik aus. Die häufigen Ausrufe, Wiederholungen (z.B. „es fahre“) und antithetischen Strukturen (Irdisches vs. Göttliches) verstärken die dramatische Wirkung und die emotionale Intensität. Der Gebrauch von Metaphern wie „Himmel fällt“ und „Glieder Band“ sowie die Verwendung von Wörtern wie „Schatz“, „Lust“, „treu“ verleihen dem Gedicht eine tiefgreifende spirituelle Dimension, die weit über die bloße Abweisung der Welt hinausgeht. Das Gedicht ist somit ein Ausdruck tiefster Glaubensgewissheit und eine feierliche Verpflichtung zur Nachfolge Christi.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.