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Auf Leben und Tod

Von

Dann wundert sich′s, daß also weiß der Schnee,
Und Blümlein spricht: »Mich wird der Schnee doch nicht verletzen,
Mir weh thun nicht; – er ist so weiß!«

(Der Rhapsode der Dimbovitza.)

In üppigen Sonnenfluten
Badet sich der Park,
Der mit glänzendem Blättergewoge
Grausteinerne Häuserwälle bespült.

Aus schattiger Straßenmündung strömt,
Buntblitzenden Wellen gleich,
Blütenfarbig geputztes Volk:
Mädchen mit buntbebänderten Hüten,
Blühenden Augen, schimmernden Zähnen.

Das Plaudern plätschert
Der Ruhebank vorbei
Unter lila blühendem Flieder,
Wo ich sitze bei spielenden Kindern.
Im Strauche flötet die Nachtigall;
Fernes Konzert
Weht mit Düften süß heran
Und zittert in meiner Seele …

Sanftes Mädchengesicht
Unter schüchternem Sommerhut,
Blaues Blütenauge,
Ich könnte dich lieben!
Doch zages Träumen hält mich fest,
Und dich entführt die Flut …

Und wieder wehen mit Fliederduft
Accorde schmachtend, schwellend;
Und meine Seele zittert
Von süßem Sehnsuchtsschauer.

Sieh, das Weib
Im dunkeln Kleide,
Stolz,
Mit rundem Busen
Und schwarzer Augenglut!

Mein Herz entbrennt
Und pocht in wilder Sehnsucht.
Was brennst du so?
Ist das die Seele,
Die heiß umschlingend
Dein zehrend Schmachten stillt?
Soll ich ihr folgen, pochendes Herz? –
Ich wag′ es nicht;
Mir wird so schwül und bang.

Denn vielleicht – was weiß ich! –
Blüht Gift im dunkeln Auge
Und verzehrt mir qualvoll
Wangen und Seele. –
So ist die Liebe!
Auf Leben und Tod!

Oder ist dies Strahlenauge
Mir Quelle ewiger Wonne? –
So geh zur Quelle, schmachtendes Herz!
Sonst verspült die Flut dein Glück! –

Ja, ich gehe!
Noch eine Sehnsuchtswelle,
Und hingerissen folg′ ich,
Zu lieben auf Leben und Tod …

Doch wehe! Mir schwindelt;
Ich wanke, zu stürzen
In glitzernde Wellen
Des Menschenstromes.
Halt dich fest, bethörte Seele!
Jedwede liebliche Welle
Ist Liebe auf Leben und Tod! –

Doch horch, die Nachtigall lockt so heiß,
Berauschend wehen Musik und Duft,
Und Menschenaugen blühen so schön …
Wohlauf in den Strom der Seelen,
Zu lieben auf Leben und Tod!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf Leben und Tod von Bruno Wille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf Leben und Tod“ von Bruno Wille ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Emotionen und der Ambivalenz, die mit der Liebe verbunden sind. Es entfaltet sich als innerer Monolog, der die Zerrissenheit des lyrischen Ichs zwischen der Sehnsucht nach Liebe und der Angst vor den damit verbundenen Gefahren widerspiegelt.

Die erste Hälfte des Gedichts beschreibt eine Idylle, in der das lyrische Ich in einer sommerlichen Szenerie die Schönheit der Welt wahrnimmt. Blumen, Kinder, Musik und die flirrende Atmosphäre des Parks schaffen eine Atmosphäre der Leichtigkeit und des Vergnügens. Doch diese scheinbare Unbeschwertheit wird durch die Anwesenheit von Frauen unterbrochen, die als Objekt der Begierde wahrgenommen werden. Die Beschreibung eines sanften Mädchens und später einer Frau in einem dunklen Kleid mit stolzer Erscheinung und „schwarzer Augenglut“ wecken widersprüchliche Gefühle. Das lyrische Ich schwankt zwischen dem Wunsch nach Liebe und der Furcht vor dem Scheitern, der Verletzlichkeit und den möglichen „Gift“ in den Augen der Frau.

Die zweite Hälfte des Gedichts vertieft diesen Konflikt. Das lyrische Ich ringt mit sich selbst und hinterfragt, ob die Liebe eine Quelle ewiger Freude oder ein qualvolles Ende sein wird. Die wiederholte Phrase „Auf Leben und Tod“ unterstreicht die existenzielle Bedeutung dieser Entscheidung. Der innere Kampf gipfelt in einem Moment der Entscheidung, in dem das Ich zunächst zögert, sich dann aber von der Sehnsucht nach Liebe überwältigen lässt und sich in den „Strom der Seelen“ stürzt.

Das Gedicht endet mit einem Gefühl der Verunsicherung und des Schwindels. Die „glitzernden Wellen des Menschenstromes“ symbolisieren die unberechenbare Natur der Liebe. Das lyrische Ich erkennt, dass jede Begegnung, jede „liebliche Welle“, das Potenzial birgt, „Liebe auf Leben und Tod“ zu sein. Die letzte Strophe, in der die Nachtigall lockt und die Menschenaugen strahlen, drückt die unwiderstehliche Anziehungskraft des Lebens und der Liebe aus. Das Gedicht lässt den Leser mit dem Gefühl der Unausweichlichkeit und der Sehnsucht nach dem Unbekannten zurück. Es fängt die Komplexität der menschlichen Natur und die ewige Suche nach Erfüllung in der Liebe eindrucksvoll ein.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.