Cölinus sucht jetzt einen neuen Orden,
Denn er ist Commendant zu Bettstadt worden.
Was muß denn wohl die Ursach seyn?
Die Creditores wachen auf,
Der eine droht ihm mit dem Wechsel-Recht,
Der andre aber schwächt
Den vorgenommnen Tausch und Kauf.
Drum weiß er auch vor Angst nicht aus und ein,
Fällt auf das Bett, und kriegt den Stein.
Auf einen erschrocknen Kaufmann
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Auf einen erschrocknen Kaufmann“ von Sidonia Hedwig Zäunemann ist eine satirische Momentaufnahme, die das Schicksal eines Kaufmanns namens Cölinus in einer für ihn unvorteilhaften Situation darstellt. Das Gedicht beginnt mit der Feststellung, dass Cölinus nach einer neuen Position sucht, da er zum „Commendant zu Bettstadt“ geworden ist – eine Anspielung auf seine Verarmung und seinen Zustand der Verzweiflung. Der Titel „Auf einen erschrocknen Kaufmann“ deutet bereits auf die innere Unruhe und Angst, die Cölinus befallen haben.
Die Ursache für Cölinus‘ Misere wird im Folgenden offenbart: Seine Gläubiger sind aktiv geworden und fordern ihr Geld ein. Ein Gläubiger droht mit rechtlichen Schritten im Zusammenhang mit Wechseln, während ein anderer seine Geschäftsabschlüsse, also „Tausch und Kauf“, untergräbt. Dies setzt Cölinus unter immensen Druck, da er sowohl rechtlichen Verfolgungen als auch dem Verlust seiner finanziellen Basis ausgesetzt ist. Die Verwendung von Begriffen aus dem Wirtschaftsleben wie „Creditores“, „Wechsel-Recht“ und „Tausch und Kauf“ verleiht dem Gedicht einen realistischen und zeitgenössischen Bezug.
Die Folgen der finanziellen Not werden im Gedicht durch Cölinus‘ Reaktion illustriert. Er ist so verängstigt und hilflos, dass er „vor Angst nicht aus und ein“ weiß. Diese Formulierung unterstreicht seine Lähmung und sein Unvermögen, eine Lösung zu finden. Die letzte Zeile des Gedichts, „Fällt auf das Bett, und kriegt den Stein“, ist der Höhepunkt der Satire. Der „Stein“ ist hier eine Umschreibung für Nierensteine, was entweder auf die körperlichen Auswirkungen des Stresses oder aber als Metapher für die schwere Last, die er trägt, hindeutet. Der Reim verstärkt den ironischen Tonfall und lässt das Gedicht als eine Art makabre Pointe enden.
Zäunemann nutzt in diesem Gedicht gekonnt satirische Elemente, um die Ängste und Sorgen eines Kaufmanns in einer von finanziellen Schwierigkeiten geprägten Zeit zu karikieren. Das Gedicht ist nicht nur eine humorvolle Beobachtung, sondern auch eine Kritik an der materialistischen Welt und den Auswirkungen finanzieller Probleme auf das menschliche Wohlbefinden. Durch die knappe, pointierte Sprache und die unerwartete Pointe erzeugt Zäunemann einen bleibenden Eindruck und vermittelt die Botschaft auf eindringliche Weise.
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Lizenz und Verwendung
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