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Auf eine vornehme Vermählung

Von

Paar, das, vom Glück geliebt, auch Liebe glücklich macht, –
Sie, die ein fühlend Herz, und nicht die Ahnen schätzet,
Und nicht der Würden saure Pracht,
Und nicht der Taten Glanz, die man in Marmor ätzet –
Er kömmt, hier ist er schon, der schönste deiner Tage,
Der schönste, weil die Lieb′ ihn schmückt,
Und ihr erfüllter Wunsch der Hoffnung süße Plage
Im Wechselkuß erstickt.

Dort in Aurorens Reich, am Quell vom ew′gen Licht,
Wo unsre Tage stehn, die Wieg und Grab umgrenzen –
Ein sterblich Auge zählt sie nicht –
Dort sah, Beglückte glaubts, der Dichter eure glänzen!
Schnell hob sich dieser Tag, kenntbar am Rosenkränze,
Aus der gemeinen Tage Schar.
Es wuchs sein Glanz, und wuchs und überstieg am Glanze
Den Tag, der euch gebar.

So wie ein Bach, der in der Wüste schleicht,
Vergebens sein Kristall auf lauter Kieseln rollet,
Wenn ihn der Wandrer nicht erreicht,
Dem er den süßen Trunk, und dann das Schlaflied zollet:
So fließt in kalter Still, in ungenoßnen Stunden,
In Tagen, die Verdruß umhüllt,
Das faule Leben fort, die traurigen Sekunden, –
Wenn sie nicht Liebe füllt.

Fühlt ihr es, selig Paar? Und selig, wer es fühlt!
Der Mensch, sich selbst ein Feind, kehrt oft den blinden Rücken
Der Wollust zu, auf die er zielt,
Sucht in Zerstreuung Ruh, und Ruhm in Bubenstücken.
Seht sie, vom Traum getäuscht, in Sorg′ und Lüsten schweben,
Dem fräß′gen Strudel unsrer Zeit!
Dann wägt ihr Glück und sagt: Gebt ihr für all′ ihr Leben
So einen Tag als heut?

Dort sinnt, in banger Nacht, ein Sklav von flücht′gem Ruhm
Von Amt auf Ämter hin. Der Märtyrer der Titel,
Des kranken Wahnes Eigentum,
Schämt sich, vor lauter Ehr, auch nicht entehrter Mittel.
Hier häuft der bleiche Geiz das Geld zur eignen Plage,
Und atmet kaum vor Hunger mehr.
Sagt, liebend Paar, gebt ihr für ihre ganzen Tage
So einen Tag, als der?

Er selbst, der kühne Held, wenn er vom Kriegsgott glüht –
Du weißt es, Bräutigam! – sprich, wenn im blut′gen Streite,
Er starr mit Einem Blicke sieht,
Vor sich den wilden Tod, und Ewigkeit zur Seite;
Wenn er, da über ihm die Himmel Famen hören,
Für Friedrichen und durch ihn siegt – –
Bist du – gesteh es nur der Menschlichkeit zu Ehren –
So schön, als jetzt vergnügt?

O Braut, preß′ ihm dies Nein – vermag dein Reiz es doch –
Aus der bewegten Brust. Und ja, dir wird ers sagen.
Der sanften Lieb unschimpflich Joch
Ward auch vom Tapfersten im Lorbeerkranz getragen.
Nur tolle Härte wähnt, es trät′ ein zärtlich Herze
Dem Mut, dem stählern Mut, zu nah.
Er selbst, der Krieger Gott, voll Blut und Staub und Schwärze,
Mars kennt Cytheren ja.

Den Prunk der großen Welt, und die verlarvte Stadt
Floh zwar seit langer Zeit die Gottheit holder Liebe.
Wo Buhlerei den Tempel hat,
Sind, die Verliebte sind, Verräter oder Diebe.
Sie floh zur stillen Flur, wo, bei gelaßner Jugend,
Die Einfalt Schöne schöner macht.
Da brannt′ ihr Rauchaltar! – Doch jüngst hat sie die Tugend
Zu euch zurück gebracht.

Sie kam. Ich sah den Zug; ein Dichter sieht ihn nur.
Der Frühling, vor ihr her, verscheuchte Frost und Wetter,
Und Weste folgten ihrer Spur,
Und in den Westen lacht′ ein Schwarm der Liebesgötter.
Es führten Tugend sie und Lust in enger Mitten,
Lust, welche nie der Liebe fehlt,
Und nie die Tugend haßt; und unter ihren Tritten
Ward auch der Stein beseelt.

Zu euch, glückselig Paar, zu euch zog dieser Zug.
Verbergt die Göttin nicht! Sie glüht in euren Blicken;
(Die sind sie zu verraten gnug,)
Sie, die euch mehr beglückt, als Schätz′ und Stand beglücken.
Verbergt die Liebe nicht! Das Laster mag sie hassen,
Denn das soll ewig sich nicht freun.
Wie traurig wird die Flur, die sie um euch verlassen,
Den Schäferinnen sein!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf eine vornehme Vermählung von Gotthold Ephraim Lessing

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf eine vornehme Vermählung“ von Gotthold Ephraim Lessing ist eine Ode, die die wahre Natur der Liebe und des Glücks im Kontext einer Hochzeit feiert und von anderen Formen des Glücks abgrenzt. Es ist eine Hommage an das junge Paar, die durch die Wertschätzung von Liebe, Tugend und Einfachheit über materiellem Reichtum und gesellschaftlichem Ansehen hinausgeht. Das Gedicht hebt hervor, dass wahres Glück in der gegenseitigen Liebe, nicht in Ruhm, Reichtum oder sozialem Status zu finden ist.

Lessing stellt das Brautpaar als glückliche Ausnahme von der üblichen Welt dar, die oft von Selbstsucht, Ehrgeiz und Oberflächlichkeit geprägt ist. Er kontrastiert ihr Glück mit dem Unglück anderer, die in Ruhm, Geiz oder Krieg ihren vermeintlichen Erfolg suchen. Er kritisiert die leeren Ziele, die die Gesellschaft verfolgt und hebt stattdessen die tiefe Erfüllung hervor, die aus der Liebe und der Tugend erwächst. Durch diese Gegenüberstellung betont Lessing die Einzigartigkeit und den Wert der Verbindung des Brautpaares.

Die Sprache des Gedichts ist pathetisch und feierlich, typisch für eine Ode. Lessing verwendet eine Reihe von Bildern und Metaphern, um seine Botschaft zu vermitteln. So wird die Liebe als eine Göttin dargestellt, die in die Welt zurückkehrt, um das Brautpaar zu segnen. Die Natur spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, wobei der Frühling, der Westen und die Liebesgötter die Ankunft der Liebe begleiten. Diese Bilder verstärken die Idee, dass die Liebe eine natürliche und lebensspendende Kraft ist. Der Wechsel zwischen feierlichen Passagen und direkten Anreden an das Brautpaar schafft eine intime und persönliche Atmosphäre.

Das Gedicht betont die Wichtigkeit der Tugend und der Einfachheit. Lessing deutet an, dass wahre Liebe und Glück untrennbar mit diesen Werten verbunden sind. Er hebt hervor, dass das Brautpaar die Liebe der Tugend und der Einfachheit in sein Leben integriert hat und dadurch ein Beispiel für andere setzt. Die Rückkehr der Liebe in die Welt durch das Brautpaar symbolisiert die Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft, die von Liebe, Tugend und Einfachheit geprägt ist, und nicht von Ruhm, Reichtum und gesellschaftlichem Status.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lessings Gedicht eine Ode an die Liebe ist, die im Kontext einer Hochzeit gefeiert wird. Es feiert die Verbindung des Brautpaares und grenzt diese von anderen Formen des Glücks ab, die in der Gesellschaft oft gesucht werden. Durch die Verwendung von Metaphern, Bildern und einer feierlichen Sprache betont Lessing die wahre Natur der Liebe, die in Tugend, Einfachheit und gegenseitiger Wertschätzung liegt. Es ist ein Plädoyer für ein Leben, das von Liebe erfüllt ist und die Werte, die dieses Glück hervorbringen, ehrt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.