Auf die Genesung eines schönen Mädchens
Wenn der Tod in neidischem Verlangen
 Auch schon an dein keusches Bette trat,
 Ist er doch zurückgegangen,
 Als er dich gesehen hat.
Seine tränenlosen Augen hingen,
 Wie erstaunt, an deinem Angesicht;
 Daß die Rosen drauf vergingen,
 Weil er′s tat, gewahrt′ er nicht.
Endlich sah er′s; mit beschämten Blicken
 Hat er nun sich von dir abgewandt;
 Auch die Lilien noch zu knicken,
 Zitterte selbst ihm die Hand.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Auf die Genesung eines schönen Mädchens“ von Friedrich Hebbel beschreibt die Erfahrung eines Mädchens, das dem Tod knapp entronnen ist. Es ist eine poetische Auseinandersetzung mit der Schönheit und dem Leben, die sogar den Tod selbst beeindrucken und von seinem Vorhaben abhalten können. Das Gedicht beginnt mit einem direkten Bezug auf den Tod, der durch sein „neidisches Verlangen“ motiviert wird, das Mädchen in sein Reich zu holen. Doch bereits im ersten Vers wird angedeutet, dass er von diesem Vorhaben abgebracht wird.
Der zweite Teil des Gedichts schildert die Reaktion des Todes detaillierter. Seine Augen, normalerweise ausdruckslos, werden von dem Mädchen in Staunen versetzt. Die Metapher, dass die Rosen in ihrem Gesicht verblassen, deutet auf die Schönheit des Mädchens hin, die so überwältigend ist, dass selbst der Tod sie nicht zerstören kann, ohne seine eigene Erwartung zu übertreffen. Die Szene wird fast theatralisch dargestellt, mit dem Tod als einem Wesen, das durch die Schönheit des Mädchens zunächst fasziniert und dann beschämt wird.
Die letzten beiden Verse verstärken dieses Bild noch. Der Tod wendet sich ab, was seinen Respekt oder seine Unterlegenheit gegenüber der Schönheit des Mädchens signalisiert. Die Formulierung „Auch die Lilien noch zu knicken, / Zitterte selbst ihm die Hand“ ist besonders bemerkenswert. Sie zeigt die Zögerlichkeit und den Respekt des Todes, der es nicht wagt, die verbliebene Lebenskraft und Schönheit des Mädchens zu zerstören. Die Lilien, ein Symbol für Reinheit und Unschuld, werden verschont, da die Schönheit des Mädchens so groß ist, dass der Tod nicht einmal sie beschädigen kann.
Insgesamt ist das Gedicht eine Hymne auf die Schönheit und das Leben. Es feiert die Macht der Schönheit, die sogar den Tod überwinden kann, und betont die Unschuld und Reinheit, die das Mädchen verkörpert. Hebbel verwendet dabei eine einfache, aber eindringliche Sprache und Bilder, um die Macht der Schönheit als überragende Kraft darzustellen, die den Tod in Ehrfurcht versetzt und ihn zum Rückzug zwingt.
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Lizenz und Verwendung
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