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Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes

Von

Du herrlich Glas, nun stehst du leer,
Glas, das er oft mit Lust gehoben;
Die Spinne hat rings um dich her
Indes den düstren Flor gewoben.

Jetzt sollst du mir gefüllet sein
Mondhell mit Gold der deutschen Reben!
In deiner Tiefe heil′gen Schein
Schau′ ich hinab mit frommem Beben.

Was ich erschau′ in deinem Grund
Ist nicht Gewöhnlichen zu nennen.
Doch wird mir klar zu dieser Stund′,
Wie nichts den Freund vom Freund kann trennen.

Auf diesen Glauben, Glas so hold!
Trink′ ich dich aus mit hohem Mute.
Klar spiegelt sich der Sterne Gold,
Pokal, in deinem teuren Blute!

Still geht der Mond das Tal entlang,
Ernst tönt die mitternächt′ge Stunde.
Leer steht das Glas! Der heil′ge Klang
Tönt nach in dem kristallnen Grunde.

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Gedicht: Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes von Justinus Kerner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf das Trinkglas eines verstorbenen Freundes“ von Justinus Kerner ist eine elegische Reflexion über den Verlust eines Freundes und die bleibende Verbundenheit, die über den Tod hinaus Bestand hat. Es ist ein Trostlied, das durch die Symbolik des Trinkglases und des Weins eine tiefe Trauer und gleichzeitig eine Hoffnung auf das Fortleben der Freundschaft zum Ausdruck bringt. Die Verse sind von einer melancholischen Schönheit geprägt, die durch die sanften Reime und die ruhige Sprache verstärkt wird.

Das leere Glas, das zunächst im Zentrum der Betrachtung steht, wird zum Symbol der Abwesenheit des Freundes. Die Spinne, die ihren „düsteren Flor“ um das Glas gewoben hat, unterstreicht das Vergehen der Zeit und die Vergänglichkeit des irdischen Daseins. Doch die Erinnerung an den Freund, der einst aus diesem Glas trank, ist nicht vergessen. Indem der Sprecher das Glas nun mit Wein füllt, verwandelt er es in ein Gefäß der Erinnerung und der Verbundenheit. Der Wein, das „Gold der deutschen Reben“, symbolisiert die Freude und das Leben, das der Freund einst teilte.

Die tiefgründige Bedeutung des Gedichts liegt in der Erkenntnis, dass Freundschaft unsterblich ist. Der Sprecher schaut in die Tiefe des Glases und sieht nicht nur den Wein, sondern auch die ewige Verbindung zu seinem Freund. Die „heil′gen Schein“ im Glas ermöglicht ihm eine spirituelle Erfahrung, in der die Grenzen zwischen Leben und Tod verschwimmen. Die Reflexion des Sternengolds im Wein, dem „teuren Blute“ des Freundes, verstärkt diese Idee und deutet auf eine transzendente Ebene der Freundschaft hin.

Das Gedicht endet mit einer stillen, fast mystischen Atmosphäre. Der Mond und die mitternächtliche Stunde verstärken die feierliche Stimmung. Das leere Glas, nun getrunken und gereinigt, wird zum Zeugnis der ewigen Freundschaft. Der „heil′ge Klang“, der im kristallnen Grunde nachklingt, deutet auf die bleibende Präsenz des Freundes und die Trost spendende Kraft der Erinnerung hin. Kerner malt hier ein Bild von Trauer, Trost und der Hoffnung auf ein Wiedersehen, das die Vergänglichkeit des Lebens überwindet.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.