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Antwort eines trunknen Dichters

Von

Ein trunkner Dichter leerte
Sein Glas auf jeden Zug;
Ihn warnte sein Gefährte:
Hör′ auf! du hast genug.

Bereit vom Stuhl zu sinken,
Sprach der: Du bist nicht klug;
Zu viel kann man wohl trinken,
Doch nie trinkt man genug.

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Gedicht: Antwort eines trunknen Dichters von Gotthold Ephraim Lessing

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Antwort eines trunknen Dichters“ von Gotthold Ephraim Lessing ist ein knappes, pointiertes Gedicht, das sich mit der Thematik der Sucht, hier in Form von Alkoholkonsum, und der menschlichen Unfähigkeit, Maß zu halten, auseinandersetzt. Es präsentiert eine Szene zwischen einem trinkenden Dichter und seinem mahnenden Freund, wobei die Antwort des Dichters den Kern der Aussage bildet. Die Kürze des Gedichts und die einfache Sprache verstärken seine Wirkung.

Das Gedicht beginnt mit der Schilderung des Dichters, der „auf jeden Zug“ sein Glas leert. Sein Freund warnt ihn, er habe genug getrunken. Diese Warnung ist der Ausgangspunkt für die darauffolgende, für das Gedicht zentrale Antwort des Dichters. Die Reaktion ist von Trotz und einer verqueren Logik geprägt. Der Dichter, kurz davor, vom Stuhl zu sinken, kontert mit der Feststellung, dass der Freund „nicht klug“ sei.

Die eigentliche Pointe des Gedichts liegt in der verdrehten Logik des Dichters. Er argumentiert, dass man zwar „zu viel“ trinken könne, aber „nie trinkt man genug“. Diese Aussage offenbart die tiefe Verankerung der Sucht im Verhalten des Dichters. Es ist nicht nur ein physisches Bedürfnis, sondern eine Lebenseinstellung, die jegliche Vernunft und Selbstkontrolle über Bord wirft. Die Überspitzung der Antwort, die fast schon eine zynische Haltung erkennen lässt, dient dazu, die Tragik der Situation zu verdeutlichen.

Lessing gelingt es mit wenigen Versen, eine umfassende Charakterstudie zu liefern. Die Kürze des Gedichts, die direkte Sprache und die prägnante Antwort des Dichters lassen den Leser unmittelbar in die Thematik eintauchen. Das Gedicht ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Darstellung von Sucht und dem Widerstand gegen jegliche Vernunft. Es zeigt, dass der eigentliche Kampf nicht im Übermaß selbst, sondern in der fehlenden Fähigkeit zur Selbstbegrenzung liegt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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