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An Levin Schücking

Von

Kein Wort, und wär es scharf wie Stahles Klinge,
Soll trennen, was in tausend Fäden eins,
So mächtig kein Gedanke, daß er dringe
Vergällend in den Becher reinen Weins;
Das Leben ist so kurz, das Glück so selten,
So großes Kleinod, einmal sein statt gelten!

Hat das Geschick uns, wie in frevlem Witze,
Auf feindlich starre Pole gleich erhöht,
So wisse, dort, dort auf der Scheidung Spitze
Herrscht, König über alle, der Magnet,
Nicht fragt er, ob ihn Fels und Strom gefährde,
Ein Strahl fährt mitten er durchs Herz der Erde.

Blick′ in mein Auge, – ist es nicht das deine,
Ist nicht mein Zürnen selber deinem gleich?
Du lächelst – und dein Lächeln ist das meine;
An gleicher Lust und gleichem Sinnen reich;
Worüber alle Lippen freundlich scherzen,
Wir fühlen heil′ger es im eignen Herzen.

Pollux und Kastor, – wechselnd Glühn und Bleichen,
Des einen Licht geraubt dem andern nur,
Und doch der allerfrömmsten Treue Zeichen. –
So reiche mir die Hand, mein Dioskur!
Und mag erneuern sich die holde Mythe,
Wo überm Helm die Zwillingsflamme glühte.

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Gedicht: An Levin Schücking von Annette von Droste-Hülshoff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Levin Schücking“ von Annette von Droste-Hülshoff ist ein Bekenntnis tiefer Freundschaft und Verbundenheit, das sich über die Trennung, die das Schicksal oder äußere Umstände verursachen, hinwegsetzt. Es beginnt mit dem Vorsatz, dass keine noch so scharfe Worte oder Gedanken die enge Bindung der Freunde zerstören sollen. Das Leben wird als kurz und das Glück als selten bezeichnet, was die Notwendigkeit unterstreicht, die kostbaren Momente der Freundschaft zu bewahren. Die ersten Verse legen somit den Grundstein für die kommende Vertiefung der Beziehung und die Überwindung möglicher Hindernisse.

Im zweiten Teil des Gedichts wird die Trennung thematisiert, die das Schicksal verursacht. Trotz der räumlichen oder emotionalen Distanz, die durch das „feindlich starre Pole“ Metapher angedeutet wird, wird die unerschütterliche Anziehungskraft der Freundschaft betont. Die Verwendung des Magneten als Metapher für die Freundschaft verdeutlicht, dass die Bindung stärker ist als alle äußeren Einflüsse oder Hindernisse. Die Fähigkeit, sich durch die „Scheidung Spitze“ hindurch zu ziehen, symbolisiert die Kraft, die Freundschaft über alle Distanzen und Schwierigkeiten hinweg bestehen zu lassen.

In den folgenden Strophen wird die Identität und das gegenseitige Verständnis der beiden Freunde hervorgehoben. Die Verse zeigen, dass ihre Emotionen, ihr Zorn und ihr Lächeln, Spiegelbilder voneinander sind. Sie teilen dieselben Freuden und Leidenschaften, und was andere nur mit Worten ausdrücken, wird von ihnen auf einer tieferen, „heil′ger“ Ebene gefühlt. Diese enge Verbindung wird durch die Metapher der Zwillingsbrüder Pollux und Kastor aus der griechischen Mythologie verstärkt, deren Schicksal untrennbar miteinander verbunden ist, obwohl sie manchmal durch äußere Umstände getrennt sind.

Die abschließende Strophe gipfelt in einem Appell an die Hand des Freundes, ein Zeichen der unerschütterlichen Verbundenheit. Die Anspielung auf die „Zwillingsflamme“, die über den Helmen der Dioskuren glühte, bekräftigt die Ewigkeit und das Licht der Freundschaft, die trotz aller Widrigkeiten leuchten bleibt. Das Gedicht ist somit eine Hommage an die tiefe und dauerhafte Freundschaft, die selbst die größten Herausforderungen überwinden kann, und ein Plädoyer für die Bewahrung dieser kostbaren Verbindung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.