An Heinrich Anschütz
Des innern Frühlings zaubervolle Blüthe,
Der Frost des Alters macht sie nicht erbleichen!
Deß bist du selbst ein hochbegnadigt Zeichen,
Du Greis an Jahren, Jüngling im Gemüthe!
Als die Natur dich schuf, in ihrer Güte
Ausstattend dich mit Gaben sonder Gleichen,
Da mochte bange Sorge sie beschleichen,
Wie sie ihr herrliches Gebild behüte.
Und also sprach sie, zu der Zeit gekehrt:
Nicht rühre an dieß Haupt mit deinen Schwingen,
Laß mir mein edles Kunstwerk unversehrt!
Wie hier der Gaben Fülle zu durchdringen,
Daß eine stets der andern Glanz vermehrt,
Es wird mir nicht zum zweitenmal gelingen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An Heinrich Anschütz“ von Betty Paoli ist eine Huldigung an den Schauspieler Heinrich Anschütz, der trotz seines hohen Alters eine jugendliche Begeisterung und innere Frische bewahrt hat. Die Dichterin würdigt in pathetischen Worten die einzigartige Begabung des Schauspielers und hebt dessen bewundernswerte Fähigkeit hervor, die jugendliche Seele im Alter zu bewahren. Das Gedicht ist eine Ode an die Lebensfreude, die sich über die physischen Grenzen hinwegsetzt und die unvergleichliche Kunstfertigkeit des Künstlers feiert.
Die ersten beiden Strophen etablieren das zentrale Thema: die Bewunderung für Anschütz‘ jugendliche Seele, die den „Frost des Alters“ übersteht. Paoli bezeichnet Anschütz als „Greis an Jahren, Jüngling im Gemüthe“, was seine körperliche Reife mit seinem jugendlichen Geist in Kontrast setzt. Die zweite Strophe nimmt eine mythologische Perspektive ein, indem sie die „Natur“ als Schöpferin des Künstlers einführt. Die Natur, die sich Sorgen um ihr „herrliches Gebild“ macht, deutet auf die Kostbarkeit der Begabung des Schauspielers hin.
In der dritten Strophe spricht die Natur direkt. Diese Ansprache betont die Einzigartigkeit von Anschütz‘ Talent und die Befürchtung der Natur, dass solch ein außergewöhnliches Werk nicht wiederholbar sei. Die direkte Anrede verstärkt die Ehrfurcht und das Staunen der Dichterin über die Natur und den Künstler. Der Kern der Botschaft liegt in der Bewunderung für die „Gaben Fülle“, die den Schauspieler auszeichnen und durch seine Hingabe und Lebensfreude ihren Glanz behalten.
Paolis Gedicht ist ein Lobgesang, der durch seine feierliche Sprache und die Anspielungen auf die Naturschöpfung eine erhabene Atmosphäre erzeugt. Die Sprache ist sehr bildhaft und verwendet pathetische Begriffe, um die Bewunderung der Dichterin zu unterstreichen. Die Verwendung von Adjektiven wie „zaubervolle“, „hochbegnadigt“ und „edles“ verstärkt den Eindruck der Verehrung. Das Gedicht ist ein Zeugnis für die Kraft der Kunst, die es vermag, die Seele jung zu halten, und eine Hommage an einen großen Schauspieler, der dies mit seinem Wirken bewiesen hat.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.