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An Hedwig

Von

(Eine holsteinische junge Schauspielerin.)

Es war in schöner Frühlingszeit,
Als ich dich fand bei Spiel und Scherz,
Da drängte all die Lieblichkeit
Sich lind, wie nie noch, an mein Herz.

Du selber warst dem Frühling gleich,
Der nur verspricht, doch nicht gewährt,
Drum ward ich nicht vor Sehnsucht bleich
Und von Entzücken nicht verklärt.

Es war der Morgen vor dem Fest,
An dem man nur noch Träume tauscht,
Das Weh, das keinen Stachel läßt,
Die Freude, welche nicht berauscht.

Wie nur noch grün der Rosenstrauch,
Doch auch schon grün die Nessel war,
So gleich sich die Stunden auch,
Die uns beglückten, wunderbar.

Nach manchem Tag kam dann der Tag,
Der uns, vielleicht auf ewig, schied;
Ich trug es, wie man′s tragen mag,
Wenn man den Frühling scheiden sieht.

Nur selten stieg dein holdes Bild
Mir auf in der erstarrten Brust,
Doch, ward ich einmal weich und mild,
So war ich gleich mir dein bewußt.

Und dieses fühl′ ich: blick′ ich einst
Von meinem Sterbebett zurück,
So ist, daß du mir noch erscheinst,
Mein letzter Wunsch, mein letztes Glück.

Du warst mein Lebensengel, sei
Denn du mein Todesengel auch,
Dann mischt noch in den Herbst der Mai
Den überquellend-vollen Hauch.

Am Morgen, wo der Mensch ersteht
Für seinen schweren Tageslauf,
Und abends, wenn er schlafen geht,
Da schaut er gern zum Himmel auf!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An Hedwig von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Hedwig“ von Friedrich Hebbel ist eine melancholische Liebeserklärung, die von der flüchtigen Natur der Liebe und dem bleibenden Eindruck, den eine vergangene Beziehung hinterlassen kann, handelt. Es beschreibt eine Liebe, die in der Frühlingszeit entstand, aber von Anfang an von einer gewissen Distanz und Unverbindlichkeit geprägt war. Die anfängliche Freude und das Versprechen der Liebe verblassten schließlich, was zu einer Trennung führte. Das Gedicht zeugt von der Akzeptanz dieser Trennung, ohne die tiefen Gefühle zu verbergen, die für die geliebte Person bestehen.

Hebbel nutzt Bilder des Frühlings, um die Leichtigkeit und die Vergänglichkeit der Liebe zu veranschaulichen. Die beschriebene Liebe, die mit „Spiel und Scherz“ begann, war ebenso flüchtig wie der Frühling selbst, der nur „verspricht, doch nicht gewährt“. Die Metaphern von „Rosenstrauch“ und „Nessel“ deuten auf das Nebeneinander von Freude und Schmerz, Schönheit und Unbehagen hin, die die Beziehung kennzeichneten. Diese Ambivalenz wird durch die Beschreibung des Morgens vor einem Fest betont, an dem „nur noch Träume getauscht“ werden und die Freude „nicht berauscht“.

Der zweite Teil des Gedichts ist durch eine tiefere Reflexion über die Zeit nach der Trennung geprägt. Trotz der Distanz und der Seltenheit der Begegnungen bleibt Hedwig in der Erinnerung des Dichters lebendig. Ihr Bild taucht gelegentlich in der „erstarrten Brust“ auf, und in Momenten der Weichheit und Milde wird ihre Gegenwart wieder bewusst. Dies unterstreicht die tiefe emotionale Verbundenheit, die über die körperliche Trennung hinausgeht.

In den abschließenden Strophen manifestiert sich ein stilles Bekenntnis zur ewigen Bedeutung der Liebe zu Hedwig. Der Dichter wünscht sich ihre Erscheinung im Angesicht des Todes, was ihre Rolle als „Lebensengel“ und „Todesengel“ betont. Dies verleiht der Beziehung eine transzendentale Dimension. Die abschließenden Verse vergleichen das Erleben von Hedwig mit dem Wunsch des Menschen, zum Himmel aufzublicken, um Trost und Hoffnung zu finden. Damit wird das Gedicht zu einer Betrachtung über Liebe, Erinnerung und die Suche nach Sinn in Angesicht von Verlust und Vergänglichkeit.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.