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An Freund La Roche

Von

nachdem er an zwei aufeinander folgenden Tagen der Gefahr, im See zu ertrinken und im Bade erschlagen zu werden, glücklich entgangen war:

Zu welchen ungeheuren Dingen
Hat dich der Himmel noch ersehn?
Wie weit sollst du′s auf Erden bringen?
Das ist seit Cäsar nicht geschehn!

An zwei von deinen Julitagen
In alleräußerster Gefahr,
Und dennoch nichts davongetragen,
Das ist noch mehr als wunderbar.

Gewiß schwebt irgendeine Krone
Schon funkelnd über deinem Haupt.
Der Kaiser fehlt dem deutschen Throne,
Der Papst ward jüngst schon totgeglaubt.

So halte dich der Wahl gewärtig,
Daß du der Völker Sehnen stillst;
Nur werde mit dir selbst erst fertig:
Ob Papst, ob Kaiser, was du willst.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An Freund La Roche von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Freund La Roche“ von Friedrich Hebbel ist eine ironische Gratulation an seinen Freund, der innerhalb von zwei Tagen zwei potenziell lebensbedrohlichen Situationen glücklich entgangen ist. Das Gedicht ist in einer scheinbar ernsthaften, fast hymnischen Form verfasst, die jedoch durch die Übertreibungen und den ironischen Unterton einen humorvollen Effekt erzielt. Hebbel nimmt die Erfahrung seines Freundes zum Anlass, ihn in übertriebener Weise zu preisen und ihm geradezu eine göttliche Bestimmung zuzuschreiben.

Die ersten beiden Strophen beschreiben die Unglücksfälle, die La Roche überlebt hat. Die Formulierung „Zu welchen ungeheuren Dingen / Hat dich der Himmel noch ersehn?“ und „Das ist seit Cäsar nicht geschehn!“ überhöhen die Ereignisse und stellen sie auf eine vergleichende Ebene mit historischen Großtaten. Die Wiederholung des „An zwei… Tagen“ unterstreicht das Unglaubliche, das Hebbel in dem Überleben sieht. Auch die Aussage „Das ist noch mehr als wunderbar“ verstärkt diesen Eindruck. Der Tonfall suggeriert eine Ehrfurcht, die angesichts der banalen Natur der Erlebnisse als übertrieben und somit ironisch verstanden werden muss.

In den letzten beiden Strophen kulminiert die Ironie. Hebbel spekuliert über eine „Krone“, die über La Roches Haupt schwebt, und deutet an, dass er entweder zum Kaiser oder zum Papst bestimmt sei. Der Hinweis auf das Fehlen des Kaisers und den Tod des Papstes verstärkt die Absurdität dieser Vorstellung. Der letzte Vers „Ob Papst, ob Kaiser, was du willst“ fasst die Ironie zusammen. Hebbel überlässt seinem Freund die Wahl, was die groteske Überhöhung abrundet. Es ist ein Spiel mit Macht, Einfluss und den Erwartungen, die an eine Person gestellt werden, die solch „ungewöhnliche“ Erfahrungen gemacht hat.

Die Strophen sind im umarmenden Reim aufgebaut, was dem Gedicht eine gewisse Leichtigkeit und Musikalität verleiht, die im Kontrast zu dem übertriebenen Pathos steht. Die Sprache ist gehoben und anspielungsreich, was die Ironie zusätzlich verstärkt. Durch diese Kombination aus erhabenem Tonfall und übertriebenen Behauptungen entlarvt Hebbel auf humorvolle Weise die Neigung zur Übertreibung und die Tendenz, aus alltäglichen Ereignissen eine ungerechtfertigte Bedeutung abzuleiten. Das Gedicht ist somit eine charmante Hommage, die mehr über die Freundschaft und Hebbels humorvollen Geist aussagt als über die tatsächlichen Gefahren, denen La Roche ausgesetzt war.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.