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An einen Arcadier

Von

laeva in parte mamillae
Nil salit Arcadico juveni.

Du grübelst Tag und Nacht, umringt vom Dichterchor,
Der in Athen und Rom der Kenner Lust gewesen.
Was nutzt dein stummer Fleiß? Was hilft dein blindes Lesen?
Dein bleierner Verstand steigt nicht, durch sie, empor.
Es scheint fast jede Müh′ vom Ziel dich zu entfernen.
An Witze bist du arm, doch an Poeten reich,
Und nur den schweren Ankern gleich,
Die stets im Wasser sind, und nimmer schwimmen lernen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An einen Arcadier von Friedrich von Hagedorn

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An einen Arcadier“ von Friedrich von Hagedorn ist eine satirische Auseinandersetzung mit einem vermeintlich unbegabten Dichter oder Gelehrten, der trotz intensiven Studiums und dem Umgang mit berühmten Dichtern seinen Horizont nicht erweitern kann und unfähig bleibt, kreative oder originelle Werke zu schaffen. Die zwei lateinischen Zeilen am Anfang, die wörtlich übersetzt „In der linken Brustseite hüpft nichts für den arkadischen Jüngling“ bedeuten, geben einen ersten Hinweis auf die intellektuelle Leere, die der Dichter dem Adressaten des Gedichts attestiert. Sie deuten auf eine mangelnde Fähigkeit zur emotionalen oder intellektuellen Resonanz und Kreativität hin.

Das Gedicht kritisiert die blinde Verehrung und den unreflektierten Gebrauch von Wissen. Der „Arcadier“ verbringt Tag und Nacht mit dem Studium der „Dichterchor[e]“, die in Athen und Rom von Bedeutung waren, also mit der Beschäftigung mit den Klassikern. Hagedorn stellt jedoch in Frage, welchen Nutzen dieses Studium hat, wenn der Verstand des Gelehrten durch die Beschäftigung mit den Werken nicht „emporsteigt“. Das heißt, dass die reine Anhäufung von Wissen ohne die Fähigkeit, dieses zu verarbeiten und zu nutzen, wertlos ist. Die Zeile „Es scheint fast jede Müh′ vom Ziel dich zu entfernen“ verdeutlicht die Ironie, dass der Fleiß des Gelehrten ihn nicht weiterbringt, sondern im Gegenteil von der eigentlichen Zielsetzung, der Schaffung eigener Werke, entfernt.

Ein zentrales Bild des Gedichts ist der Vergleich des „Arcadiers“ mit einem „schweren Anker[n]“, der „stets im Wasser ist, und nimmer schwimmen lernen“ kann. Dieser Vergleich veranschaulicht die Unfähigkeit des Gelehrten, sein Wissen in kreative Energie umzusetzen. Der Anker symbolisiert hier die Schwere und Unbeweglichkeit, die den Gelehrten gefangen hält. Er ist zwar im Wasser, also in der Nähe der Erkenntnis, aber er kann sich nicht von ihr befreien und seine eigenen Wege gehen. Diese Metapher unterstreicht die Kritik an der bloßen Anhäufung von Wissen ohne die Fähigkeit, dieses in eigene Schöpfungen umzusetzen.

Hagedorns Gedicht ist ein Aufruf zur Originalität und Kreativität. Es kritisiert die reine Nachahmung und das unreflektierte Studium, ohne die Fähigkeit, das Gelernte zu verarbeiten und anzuwenden. Der Dichter fordert den „Arcadier“ indirekt auf, über das bloße Sammeln von Wissen hinauszugehen und die eigene Kreativität zu entfalten. Die Verwendung von Ironie und Satire ermöglicht es Hagedorn, auf humorvolle und zugleich nachdrückliche Weise auf die Bedeutung von Originalität und Selbstständigkeit im Schaffensprozess hinzuweisen. Das Gedicht ist somit ein Plädoyer für die Freiheit des Geistes und die Notwendigkeit, eigene Wege zu gehen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.