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An die Franzosen

Von

Ihr zürnt, daß wir, mit Raubkrieg überzogen,
Euch blutend wieder heimgesandt,
Und deutsche Gaun, um die ihr uns betrogen,
Entrissen eurer Frevelhand?

Für viele Missethat war das die Sühne,
Und mit mehr Recht habt ihr gebüßt,
Als jener Fürst, den auf der Henkerbühne
Für fremde Schuld ihr sterben ließt.

Nicht an die Ströme Bluts, aus deutschen Adern
Geschlagen vom Franzosenschwert,
Mehr dächten wir fortan, noch altes Hadern,
Wenn ihr nicht die Verstockten wär′t.

Vereint nun sollten wir den Feind bekriegen
Den argen Sohn der Finsternis,
Dem eurer Besten einer von den Zügen
Die Lügenmaske lachend riß.

Doch ihr, berauscht vom Trank des Taumelweines,
Der euch so oft den Sinn bethört,
Schreit Rache, weil wir euch beim Raub des Rheines,
Dem langgebrüteten, gestört.

Wohl, wählt, verbündet mit dem Vatikane,
Der Menschheit tausendjähr′gem Fluch,
Die Fledermaus zum Sinnbild eurer Fahne
Anstatt des Adlers, den sie trug!

Laßt Priester sie mit Segenssprüchen weihen,
Und – edles Bündnis! – Afrika
Die Tiger seiner Wüsten nach uns speien –
Wir stehen kampfgerüstet da;

Und durch das Rasseln der Kanonenräder
Euch rufen wir ins taube Ohr:
Gezählt die Teuren hat der Unsern jeder,
Die durch eu′r Mordschwert er verlor.

Paläste sind in Deutschand nicht noch Hütten,
Wo nicht die Trauer hauptverhüllt
Umsonst nach einer Stimme lauscht, nach Tritten,
Die sonst sie frohen Klangs erfüllt.

Und, soll nochmals des Krieges Flamme lodern,
Ein furchtbar Würgen wird es sein;
All die Erschlagnen, die in Frankreich modern,
Sie kämpfen mit in unsern Reihn!

Ja, einen Toten hat ein jeder drunten,
Des Geist zum Rachewerk ihn stählt
Und hell das Feuer sprühn läßt von den Lunten
Und sorgt, daß nicht die Kugel fehlt.

So wißt, eh ihr beginnt das Unerhörte
Und neu mit Blut die Erde netzt:
Es ist der eigne Untergang, Bethörte,
Den auf den einen Wurf ihr setzt!

Denn enden wird der Kampf erst, ob Millionen
Von Leben auch das Schlachtschwert frißt,
Wenn ausgetilgt im Buche der Nationen
Der Name der Franzosen ist.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An die Franzosen von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An die Franzosen“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine heftige Anklage und ein Racheaufruf, der auf die deutsch-französischen Spannungen im 19. Jahrhundert Bezug nimmt, vermutlich nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Der Dichter wendet sich direkt an die Franzosen, um ihnen die deutsche Perspektive auf die Konflikte und die daraus resultierenden Feindseligkeiten zu verdeutlichen. Das Gedicht ist durchdrungen von einem Gefühl der Empörung über die französische Aggression und das Leid, das Deutschland durch diese erlitten hat.

Die ersten beiden Strophen beginnen mit dem Vorwurf, die Franzosen seien empört über die Rückgabe ihres Landes, nachdem sie von den Deutschen durch Kriegshandlungen besiegt wurden. Schack rechtfertigt die deutsche Vorgehensweise mit dem Hinweis auf französische Ungerechtigkeiten und „Missethat“, die durch das deutsche Vorgehen gesühnt worden seien. Er verweist auf die vielen Toten, die durch französische Kriegshandlungen zu beklagen waren, und legt nahe, dass Frankreich mehr Schuld auf sich geladen habe, als es die Deutschen wahrhaben wollten. Dabei wird eine deutliche Gegenüberstellung von Schuld und Sühne vorgenommen, die das Grundgefühl des Gedichts bestimmt.

Im weiteren Verlauf des Gedichts werden die Franzosen als „Verstockte“ bezeichnet, die sich einer Versöhnung verweigern und stattdessen nach Rache dürsten. Der Dichter beklagt die verlorene Chance auf eine gemeinsame Bekämpfung eines „Feindes“, des „Sohns der Finsternis“ und deutet damit auf eine Bedrohung hin, die beide Nationen hätte vereinen können. Stattdessen werden die Franzosen als von „Taumelweines“ berauscht dargestellt, was ihren fehlenden Realitätssinn und ihre Sturheit unterstreichen soll. Die Verwendung des „Vatikans“ als Verbündeten der Franzosen wird als Hinweis auf eine tiefgreifende, dunkle Verschwörung gedeutet.

Die letzten Strophen sind geprägt von einer unversöhnlichen Kriegsrhetorik. Schack droht mit einem verheerenden Krieg, in dem alle deutschen Toten an der Seite der Lebenden kämpfen werden, um Rache zu üben. Die Verwendung von Bildern wie „Rasseln der Kanonenräder“ und „furchtbares Würgen“ unterstreicht die Brutalität, die der Dichter fürchtet und ankündigt. Der Höhepunkt dieser Eskalation ist die düstere Prophezeiung, dass der Krieg erst enden werde, wenn der Name der Franzosen aus dem „Buche der Nationen“ getilgt sei, was einen Vernichtungsfeldzug andeutet. Dies ist ein eindringliches Beispiel für die extremen nationalistischen Tendenzen der Zeit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.