Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , ,

An den Abendstern

Von

O Stern, der du vom fernen Osten her
So einsam kommst, verlassen von den andern,
Was ziehst du ruhelos im steten Wandern,
Ein müder Pilger, über Land und Meer?

Dein Strahl hängt bebend auf der Wellenbucht
Und zittert durch die trüben Nebel nieder,
So wie durch thränenvolle Augenlider
Ein Blick von dem, der stets vergebens sucht.

Am Abend grüßt mein Auge dich, wenn matt
Der Fuß mir strauchelt von des Tages Mühe,
Und dich, sobald die erste Dämmerfrühe
Empor mich scheucht von meiner Lagerstatt.

Wie du bin ich; du dort am Himmelsrand,
Auf Erden ich einsam und abgeschieden,
O Stern der Wandrer, suchen wir den Frieden,
Zwei müde Pilger über Meer und Land.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An den Abendstern von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An den Abendstern“ von Adolf Friedrich Graf von Schack ist eine melancholische Reflexion über Einsamkeit, Suche und das Gefühl der Fremdheit in der Welt. Das lyrische Ich wendet sich in direkter Ansprache an den Abendstern, der als Symbol für Fernweh und unerfüllte Sehnsucht fungiert. Der Stern, der „einsam“ und „verlassen“ erscheint, wird als müder Pilger beschrieben, der ruhelos über Land und Meer wandert. Diese Beschreibung erzeugt eine Stimmung der Erschöpfung und der Suche nach etwas, das scheinbar unerreichbar ist.

Die zweite Strophe vertieft die melancholische Atmosphäre durch Bilder von zitternden Strahlen und trüben Nebeln. Der Strahl des Sterns, der sich auf der Wellenbucht spiegelt, wird mit einem weinenden Blick verglichen, der durch „thränenvolle Augenlider“ dringt. Dieser Vergleich verstärkt das Gefühl der Traurigkeit und des Verlusts. Das lyrische Ich identifiziert sich mit der Verlorenheit des Sterns und dessen unaufhörlicher Suche. Die Naturbilder werden somit zu Spiegelbildern der inneren Gefühlswelt des lyrischen Ichs.

In der dritten Strophe wird die Verbundenheit des lyrischen Ichs mit dem Abendstern weiter verstärkt. Es grüßt den Stern am Abend, wenn es selbst von den Mühen des Tages ermüdet ist, und auch in der Dämmerung, wenn der neue Tag anbricht. Diese Verbindung wird durch das Motiv des stetigen Wanderns, sowohl im kosmischen Maßstab des Sterns als auch im alltäglichen Leben des Menschen, hervorgehoben. Der Stern wird zum Bezugspunkt, zum Verbündeten in der Suche nach Ruhe.

Der abschließende Vers der vierten Strophe bringt die Kernaussage des Gedichts zum Ausdruck. Das lyrische Ich und der Stern sind sich in ihrer Einsamkeit und ihrem Streben nach Frieden ähnlich. Sie sind „zwei müde Pilger“, die über „Meer und Land“ wandern. Der Frieden, nach dem sie suchen, bleibt jedoch unerreichbar. Das Gedicht endet mit einer resignierten Note, die die tiefe Sehnsucht nach Erlösung und die Erkenntnis, dass diese Sehnsucht möglicherweise nie gestillt werden kann, widerspiegelt. Die Metapher des Pilgerns betont die Unablässigkeit des menschlichen Strebens, aber auch dessen Grenzen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.