Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

An Clärchen

Von

Die Freundin immer neu zu schmücken,Ich seh es wohl, ist deine Lust;Darfst du ins Haar den Kranz ihr drücken,Des eignen bist du kaum bewußt.Und deinen Augen zu gefallenErlaubt sie gern das müßge Spiel.Ach täglich mehr gefällt sie allen,Die allen schon zu sehr gefiel!Du machst sie, wie dir’s auch gelungen,Kaum lieblicher als je sie war,Doch jede dieser NeuerungenBringt neue Sorge und Gefahr.Heut ringeltest du KinderlockenWie schön um Hals und Nacken ihr!Ein Mädchen sieht das unerschrocken,Allein bedenk, bedenke, wir!Zwar muß vom Reiz ein Dichter leben,Er heischt zurück was du versteckt,Ihm bleibt der Pfeil ins Herz gegebenDes Schönen, das ihn ewig neckt;Nur höre auf, der Welt zu zeigenDen Schatz, den sie uns schon mißgönnt!Wer gern ein Kleinod hat zu eigen,Es ist genug, daß er es kennt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An Clärchen von Eduard Mörike

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Clärchen“ von Eduard Mörike ist eine subtile Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und einer scheinbar geliebten Frau namens Clärchen, sowie der Rolle der Kunst und der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Schönheit. Der Dichter kritisiert subtil Clärchens Tendenz, sich durch äußere Verschönerungen und das „Spiel“ mit dem eigenen Aussehen der Welt zu präsentieren. Er beobachtet das Bemühen um äußere Attraktivität und mahnt zur Vorsicht.

Mörike vergleicht Clärchens Verhalten mit der Lust, ihre Freundin immer wieder neu zu schmücken. Dabei lenkt sie von sich selbst ab und wird sich ihrer eigenen Schönheit kaum bewusst. Durch das „täglich mehr Gefallen“ bei „allen“ – ein Hinweis auf ihre erlangte Popularität – steigert sie die Gefahr für ihre Beziehung. Der Dichter sieht in diesen Veränderungen eine Bedrohung, da sie neue Sorgen und Risiken bergen. Der Dichter erkennt die Macht der äußeren Erscheinung und die damit verbundene Gefahr der Ablenkung von der eigentlichen Essenz der Beziehung.

Die zweite Hälfte des Gedichts wendet sich dem Thema der Kunst und der Rolle des Dichters zu. Mörike betont, dass Dichter von Schönheit leben und sie als Quelle ihrer Inspiration nutzen. Das lyrische Ich muss sich die Schönheit Clärchens, wie einen „Pfeil ins Herz“, immer wieder vergegenwärtigen. Dies ist jedoch auch mit Schmerz verbunden. Der Dichter fordert Clärchen auf, ihren Reiz nicht der Welt zu präsentieren, da sie ihnen den Schatz der Liebe und der intimen Verbindung schon missgönnt.

Die abschließenden Zeilen unterstreichen die Bedeutung von Exklusivität und der Bewahrung des Intimen. Wahre Schönheit und das Glück im Besitz eines geliebten Menschen liegen in der intimen Kenntnis, in der Verborgenheit vor der Öffentlichkeit. Der Dichter plädiert für die Bewahrung des Besonderen, für die Wertschätzung des Schatzes im Verborgenen, fernab der allzu gierigen Blicke der Welt. Die Essenz des Gedichts liegt somit in der Reflexion über die Beziehung zwischen Schönheit, Kunst, öffentlicher Wahrnehmung und der Bewahrung von Intimität.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.