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Abschied vom Walde

Von

Wie liegst du fromm gebreitet,
Du lichter grüner Wald!
Im Gras ein Rehlein weidet,
Der Schlag der Amsel hallt.
Wie oft hab` ich geschwärmet
In dir, du duft`ger Tann,
Und wenn ich mich gehärmet,
Du warst nicht schuld daran.

O schau` mit deinen Augen
Mich nicht so innig an;
Laß deinen Duft nur hauchen,
Wie immer du getan;
Laß deine Wipfel wehen,
Die stets von Märchen voll —
Ich muß, ach! weitergehen,
Mein Wald, so lebe wohl!

O einsam süße Stunden,
Wo find` ich je euch mehr!
Von Schmerzen und von Wunden
Wie ist die Welt so schwer!
Wo ist des Himmels Auge
So blau und kindesklar,
Wie es bei deinem Hauche,
O Wald, mein lieber, war?

Der Wald liegt fromm gebreitet,
Im Grase ruht das Reh;
Wie meine Seele leidet,
Da flüstert`s in mein Weh;
„Ich werde dir schon rauschen,
Wenn wir geschieden sind,
Willst du auf mich nur lauschen,
Mein liebes, liebes Kind!”

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Abschied vom Walde von Franz Alfred Muth

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abschied vom Walde“ von Franz Alfred Muth ist ein bewegender Abschiedsbrief an die Natur, der die tiefe Verbundenheit des lyrischen Ichs mit dem Wald thematisiert und gleichzeitig dessen melancholische Gemütsverfassung widerspiegelt. Das Gedicht beginnt mit einer idyllischen Beschreibung des Waldes, in der das friedliche Weiden eines Rehs und der Gesang der Amsel die Harmonie der Natur unterstreichen. Diese anfängliche Beschreibung dient als Kontrast zu den folgenden Strophen, in denen die Trauer und der Abschiedsschmerz des lyrischen Ichs zum Ausdruck kommen.

Die zweite Strophe offenbart die innige Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und dem Wald. Der Wald wird personifiziert und als Gesprächspartner angesprochen. Die Bitte, nicht so „innig“ zu schauen und den Duft weiterhin zu verströmen, zeugt von der Schwierigkeit des Abschieds. Das lyrische Ich, das sich von dem Wald trennen muss, betont die Unschuld und die Unbekümmertheit des Waldes, da es nicht für die eigenen Sorgen verantwortlich gemacht werden kann. Die Zeile „Ich muss, ach! weitergehen“ deutet auf eine unaufhaltsame Veränderung oder eine äußere Verpflichtung hin, die das lyrische Ich zwingt, den geliebten Ort zu verlassen.

Die dritte Strophe verstärkt die Melancholie des Gedichts. Die „einsam süßen Stunden“ im Wald werden als unersetzlich betrachtet. Die Frage nach dem Wiederfinden dieser verlorenen Glückseligkeit in der Welt, die von „Schmerzen und von Wunden“ geprägt ist, verdeutlicht die Schwere des Abschieds und die zunehmende Enttäuschung über die Welt außerhalb des Waldes. Die Sehnsucht nach dem klaren, „kindesklaren“ Blick des Himmels, der im Wald zu finden war, unterstreicht die Suche nach Reinheit und Unschuld, die das lyrische Ich in der Natur gefunden hat.

Die vierte und letzte Strophe vertieft die Trennung. Der Kontrast zwischen der friedlichen Natur und dem leidenden lyrischen Ich wird nochmals verstärkt. Die Natur scheint das Leid des Ichs wahrzunehmen und bietet Trost in Form eines Versprechens an, auch nach dem Abschied im Rauschen des Windes weiterzuleben. Die Zeile „Mein liebes, liebes Kind!“ offenbart eine tiefe, liebevolle Bindung und symbolisiert die ewige Verbindung zwischen Mensch und Natur, selbst inmitten von Trennung und Leid. Das Gedicht zeigt die tiefe menschliche Sehnsucht nach Geborgenheit, Reinheit und die Unmöglichkeit, diese unbeschwert in der Außenwelt zu finden, sowie die tröstende Kraft der Natur in Zeiten des Abschieds und der Not.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.