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Begnüge dich mit Pferden!

Von

„Wie? wie? Zu Pferde, Herr Pastor?
Ihr laßt es wacker traben!
Doch kommt das Ding mir spanisch vor —
Verzeiht dem alten Knaben!“

Der Herr und Meister ritt ja nur
Auf einem Esel weiter!
Ihr folgt mir schön des Meisters Spur!“
Da sprach der Pfarrer heiter:

„“Herr Schultheiß, schaut Euch doch nur um!
Das Ding ist nicht zum Lachen:
Im Stall kein Esel um und um —
Was soll ich Ärmster machen?

Seitdem man zu Schultheißen macht
Die Esel rings auf Erden,
Da hab′ ich still für mich gedacht:
Begnüge dich mit Pferden!““

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Gedicht: Begnüge dich mit Pferden! von Franz Alfred Muth

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Begnüge dich mit Pferden!“ von Franz Alfred Muth ist eine humorvolle Auseinandersetzung mit dem Thema gesellschaftlicher Veränderung und der pragmatischen Anpassung an neue Umstände. Das Gedicht beginnt mit einer überraschten Reaktion des „alten Knaben“ auf den Umstand, dass der Pastor auf einem Pferd reitet. Der Einwand, der Pastor solle doch dem Vorbild Jesu folgen und auf einem Esel reiten, gibt den Impuls für die zentrale Pointe des Gedichts.

Der Pfarrer kontert die Kritik mit einer pragmatischen Erklärung. Er verweist auf die veränderte Situation, in der die „Esel“ – hier in allegorischer Weise die Dummen oder Ungebildeten – durch die Ernennung von Schultheißen (Bürgermeistern) in politische Ämter aufgestiegen sind. Da es keine Esel mehr gibt, mit denen er sich vergleichen könnte, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich mit Pferden zu begnügen. Diese Antwort ist humorvoll, weil sie die traditionelle religiöse Vorstellung von Demut und Bescheidenheit mit einer realistischen Betrachtung der gesellschaftlichen Gegebenheiten kombiniert.

Die Verwendung des Pferdes als Ersatz für den Esel symbolisiert den Wandel der Zeit und die Notwendigkeit, sich den neuen Bedingungen anzupassen. Der Pfarrer, der traditionell für seine Bescheidenheit und seine Nähe zum Volk stehen sollte, muss sich nun mit einem „höheren“ Tier begnügen, um seine gesellschaftliche Rolle zu erfüllen. Dies deutet auf eine Verschiebung der Werte und die Ironie der Situation hin.

Der Humor des Gedichts resultiert aus der überraschenden Auflösung und der doppelbödigen Botschaft. Auf den ersten Blick scheint der Pfarrer seine Entscheidung mit dem Fehlen von Eseln zu rechtfertigen. Tatsächlich aber steckt in dieser Begründung eine subtile Kritik an den gesellschaftlichen Veränderungen und den Aufstieg von „Eseln“ in politische Ämter. Muth gelingt es, mit einfachen Worten und einer humorvollen Erzählweise eine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Wandel der Gesellschaft und den damit verbundenen Veränderungen der Werte und Traditionen zu verweben.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.