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An den Abendstern

Von

Du blickst so lächelnd auf mich nieder,
Du heller, lieber Abendstern,
Als hörtest Du die leisen Lieder
Der ahnungsvollen Schwermuth gern.

Wenn alles schläft, erweckt die Feier
Der stillen Nacht wie Melodie
Der Sehnsucht Klage, und ihr Schleier
Verräth die heißen Thränen nie.

Dann strahlst Du, holder Himmelsfunken,
Mir Trost in′s kranke Herz herab,
Und es ersteht mir, wonnetrunken,
Die Hoffnung aus der Zeiten Grab.

Oft schon, wenn ich mit heißem Sehnen
Begrüßte meiner Liebe Bild,
Da lachtest Du in meine Thränen
Und machtest meinen Kummer mild.

Oft, wenn ich mich des Lebens freute,
Da folgte Himmels blauer Weite,
Wie Freundesblick, Dein Silberschein.

Und es bewegte ernst und leise
Mit wunderbarer Ahnung mich,
Wenn in dem ewig festen Gleise
Dein reiner Schimmer still erblich.

Du schienest dann mir zuzuwinken:
„Leb′ wohl, bis wir uns wiedersehn!
„Jetzt muß mein letztes, mattes Blinken
„Im Morgenduste untergehn!“

Noch weilt mein Auge mit Vertrauen
Auf Deinem hohen, fernen Licht;
O möchtest Du doch ahnend schauen,
Was seine stumme Bitte spricht.

Wenn Er, Du weißt ja, wen ich meine,
Sein Auge still zu Dir erhebt,
So grüß′ ihn mit dem schönsten Scheine,
Daß freudiger sein Herz erbebt.

Und strahl′ ihm süßen, reinen Frieden;
Ach nimm den meinigen dazu!
Und ist ihm einst ein Schmerz beschieden,
So glänz′ ihm Hoffnung, Muth und Ruh.

Und stets, Du freundlichster der Sterne,
Erheitre ihn mit Deinem Licht,
Und sag′ ihm leis′: „auch in der Ferne
Vergißt Dich Deine Freundin nicht!“

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An den Abendstern von Charlotte von Ahlefeld

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An den Abendstern“ von Charlotte von Ahlefeld ist eine gefühlvolle Anrufung und ein Liebesbekenntnis, eingebettet in eine Betrachtung der Natur, genauer gesagt des Abendsterns. Die Autorin spricht den Stern direkt an, nutzt ihn als Zuhörer und Mittler ihrer Sehnsüchte und Hoffnungen. Das Gedicht ist geprägt von einer tiefen Melancholie, die jedoch durch die Anwesenheit des Sterns, der Trost und Hoffnung spendet, gemildert wird. Es handelt sich um einen Dialog zwischen der Ich-Erzählerin und dem Himmelskörper, in dem die Liebe und das Schicksal eine zentrale Rolle spielen.

Die Struktur des Gedichts spiegelt diese Dualität wider. Die ersten Strophen etablieren die Beziehung zwischen der Ich-Erzählerin und dem Abendstern. Dieser wird als „heller, lieber“ Freund beschrieben, der die „leisen Lieder der ahnungsvollen Schwermuth gern“ hört. Die Nacht, die von „Sehnsucht Klage“ und „heißen Thränen“ begleitet wird, verstärkt das Gefühl der Einsamkeit und Trauer. Der Stern, der „Trost in’s kranke Herz herab“ strahlt, fungiert als Lichtblick in der Dunkelheit und lässt „die Hoffnung aus der Zeiten Grab“ erstehen. Dies zeigt die tröstliche und befreienden Wirkung des Sterns auf die Protagonistin.

In den folgenden Strophen wird die Rolle des Sterns als Mittler zwischen der Ich-Erzählerin und ihrem Geliebten deutlich. Der Stern teilt ihre Freude und tröstet sie in ihren Tränen. Der Stern wird gebeten, den Geliebten zu grüßen und ihm Frieden, Hoffnung und Mut zu schenken. Die Autorin projiziert ihre eigenen Gefühle auf den Stern, der somit zu einem Symbol der Liebe, Treue und Hoffnung wird. Der Abschied des Sterns vom Nachthimmel und die Ankündigung seiner Rückkehr, verstärkt die Hoffnung auf ein Wiedersehen, sei es im wahren Leben oder im Jenseits.

Die Sprache des Gedichts ist gefühlvoll und romantisch. Die Verwendung von Wörtern wie „Schwermuth“, „Sehnsucht“, „Thränen“ und „Kummer“ erzeugt eine Atmosphäre der Melancholie, die durch die Anrede des Sterns und die Bitte um Trost und Frieden aufgelockert wird. Die Natur wird personalisiert und zum Ausdrucksmittel für die Gefühle der Ich-Erzählerin. Die Reimstruktur und der rhythmische Fluss des Gedichts verleihen ihm eine musikalische Qualität, die die emotionale Wirkung verstärkt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „An den Abendstern“ ein Gedicht der Liebe, Sehnsucht und Hoffnung ist. Es zeigt die tiefe Verbundenheit zwischen der Ich-Erzählerin und dem Abendstern, der als Symbol für Trost, Hoffnung und die beständige Liebe fungiert. Durch die Anrufung des Sterns werden die eigenen Gefühle ausgedrückt und die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit dem Geliebten genährt. Das Gedicht ist ein berührender Ausdruck der menschlichen Sehnsucht nach Liebe, Trost und dem Glauben an eine bessere Zukunft.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.