Boleslaus der Vierte von Oppeln
Als Boleslaus zu sterben kam,
Geistlichen Trost er nicht annahm.
Stolz rief er zu dem Dienertroß:
»Führt her mein allerbestes Roß,
Und tut mir an mein Fürstenkleid,
Mein Panzerhemd und licht Geschmeid.«
Man kleidet ihn und setzt gemach
Ihn auf das Roß, der Herzog sprach:
»Zu Fuße möchte nicht fürstlich sein,
So gehts zu Roß zur Höllenpein!«
Drauf setzet er die Sporen ein
Und jaget über Stock und Stein! –
Doch hinter ihm ward eine Schar
Von schwarzen Reutern offenbar!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Boleslaus der Vierte von Oppeln“ von August Kopisch beschreibt in wenigen, eindringlichen Versen den Tod und die anschließende Reise des Herzogs Boleslaus. Die Interpretation konzentriert sich auf die Themen Stolz, Todesverachtung und die Frage nach dem Jenseits, die in der kurzen Erzählung aufblitzen. Der Herzog weigert sich, im Angesicht des Todes Trost durch Geistliche zu suchen und wählt stattdessen einen höchst ungewöhnlichen Abschied von der Welt.
Die zentrale Szene ist die Vorbereitung des Herzogs auf seinen Tod. Anstatt sich den religiösen Riten zu unterwerfen, die im Angesicht des Todes üblich sind, verlangt er nach weltlichen Insignien der Macht: seinem „allerbesten Roß“, seinem „Fürstenkleid“ und seinen Waffen. Diese Entscheidung unterstreicht seinen Stolz und seine Entschlossenheit, auch im Tod seine weltliche Macht und Würde zu bewahren. Der Satz „Zu Fuße möchte nicht fürstlich sein, / So gehts zu Roß zur Höllenpein!“ verdeutlicht, dass Boleslaus den Tod nicht als Ende, sondern als eine weitere Reise betrachtet, die er in würdiger Weise antreten möchte. Er trotzt dem Tod und wählt den Weg der weltlichen Pracht, selbst wenn dieser ihn in die Hölle führt.
Die letzte Strophe führt eine unerwartete Wendung ein. Nach dem wilden Ritt des Herzogs, der die Sporen einsetzt, um seinen Todesritt zu beschleunigen, erscheint eine „Schar / Von schwarzen Reutern offenbar!“ Dies deutet auf ein bevorstehendes, unheimliches Geschehen hin, das mit dem Tod des Herzogs verbunden ist. Die Identität dieser Reiter, ihre Absicht und die Bedeutung ihrer schwarzen Farbe bleiben unklar. Sie könnten Dämonen, Boten des Todes oder andere übernatürliche Wesen darstellen, die den Herzog auf seinem Weg ins Jenseits begleiten oder ihm gar auflauern. Diese düstere Andeutung steigert die Dramatik und lässt den Leser über das Schicksal des Herzogs und die möglichen Konsequenzen seines stolzen Widerstands nachdenken.
Insgesamt ist das Gedicht eine kurze, aber wirkungsvolle Auseinandersetzung mit den Themen Tod, Macht und Stolz. Kopisch erzeugt durch die klaren Bilder und die prägnante Sprache eine beklemmende Atmosphäre. Der Leser wird dazu angeregt, über die Natur des Todes, die Bedeutung weltlicher Macht und die Frage nach dem Jenseits nachzudenken. Das Gedicht endet mit einem offenen Ende, das Raum für Spekulationen lässt und die Unheimlichkeit des Todes hervorhebt.
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Lizenz und Verwendung
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