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Der Granatbaum

Von

Fern vom Granatenhaine
Steht ein Granatenbaum,
Er grünt und blüht ganz einsam
Hart an des Meeres Saum.

Und ob ihm aus der Erde
Auch Keim und Nahrung quoll,
Doch neigt er Stamm und Aeste
Zum Meere sehnsuchtsvoll.

Er spiegelt sich so gerne
Im klaren Wellenschein,
All’ seine Blüthen und Blätter
Streut er ins Meer hinein.

Ach, was am meisten schade,
Die saft’gen Aepfel von Gold,
Er streut ins Meer sie alle,
Aufs Land nicht einer rollt!

Dieß Thun nimmt mich nicht Wunder,
Doch wundert eins mich, traun:
Daß man den Nutzenlosen
Nicht längst schon umgehau’n.

Seejungfrauen haben die Blüthen
Froh ihren Locken gesellt,
Und spielen mit gold’nen Aepfeln
Der lichten Oberwelt.

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Gedicht: Der Granatbaum von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Granatbaum“ von Anastasius Grün zeichnet ein Bild der Sehnsucht und der Vergeblichkeit. Der einsame Granatbaum, fern seiner natürlichen Umgebung, steht am Meer und ist von einer tiefen Melancholie erfüllt. Er wendet sich dem Meer zu, spiegelnd in seinen Wellen, und opfert diesem seine Blüten und Früchte, anstatt sie zu bewahren und zu nutzen. Die zentrale Metapher des Gedichts ist das des Baumes, der seine eigenen Früchte verstreut und dadurch sowohl sich selbst als auch der Welt den Nutzen verwehrt.

Die Verwendung der Natur als Spiegel menschlicher Emotionen ist ein zentrales Merkmal des Gedichts. Der Granatbaum verkörpert die menschliche Sehnsucht nach unerreichbaren Dingen, die Unfähigkeit, den eigenen Wert zu erkennen und zu nutzen. Die „saft’gen Aepfel von Gold“, die der Baum ins Meer streut, symbolisieren die wertvollen Dinge, Talente oder Möglichkeiten, die verschwendet werden. Der Baum scheint von einer Sehnsucht getrieben zu sein, die ihn dazu bringt, seinen eigenen Nutzen zu ignorieren und sich dem flüchtigen Schein des Meeres hinzugeben.

Die abschließenden Zeilen, in denen von den Seejungfrauen die Rede ist, die die Blüten des Baumes nutzen, fügen eine weitere Ebene der Interpretation hinzu. Sie deuten an, dass die Gaben des Baumes von anderen, in diesem Fall von den mythologischen Figuren, genutzt werden, während der Baum selbst im vergeblichen Streben nach etwas Unerreichbarem verharrt. Diese Gegenüberstellung verstärkt die Botschaft der Vergeblichkeit und der verschwendeten Möglichkeiten.

Die letzte Strophe, die die Seejungfrauen erwähnt, kann auch als Kritik an der Gesellschaft verstanden werden, die das Potenzial des Baumes (des Individuums) nicht erkennt oder nutzt, sondern nur seine „Blüten“ (oberflächliche Reize) zu schätzen weiß. Das Gedicht ist somit eine Reflexion über die menschliche Tendenz, Wertvolles zu verschwenden, sich nach Unnützem zu sehnen und die eigene Bedeutung zu verkennen. Die Frage im fünften Vers, warum der Baum nicht schon längst gefällt wurde, deutet auf die soziale Relevanz der Thematik hin und wirft die Frage nach dem Wert und der Bedeutung des Einzelnen in der Gesellschaft auf.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.