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Der Friedhof im Gebirge

Von

Friedhof der Alpen, deine Hügel schwellen
So friedensgrün am Tannenwald vor mir,
Als schlüge seine leisen grünen Wellen
Der stille Ozean des Todes hier.

Nicht hast du nach der Städter Art umzogen
Mit blanken Mauern rings den Wellenschwall!
Die sanften Hügel, als empörte Wogen,
Durchbrächen, überfluthend, bald den Wall!

Auf ihnen wogen nicht im fahlen Schimmer
Steinkreuze, Säulen, Katafalke fort,
Und Urnen, Pyramiden, gleichwie Trümmer
Vom Wrack des Lebensschiffs, gestrandet dort!

Nein, sie verspülen sanft und frei! – Entstiegen
Ist draus ein Kreuz allein, kunstlos und schlicht,
Als Leuchtthurm wohl, der, wenn die Sterne schwiegen,
Auf diese dunkle See ausgießt sein Licht.

Der Vollmond quillt durch dunkle Tannenreiser
Und mündet seinen Lichtquell wellenwärts.
Die Waldeswipfel flüstern immer leiser,
Und stiller Meeresfahrt gedenkt das Herz.

Du träumst, dein Haupt verhüllt in Silberschleiern,
Und ahnst, o Tannenbaum, wie du als Kahn
Einst wirst hinaus ein Kind des Friedens steuern
In diesen stillen grünen Ozean!

O Tod, du warst, Ungleiches auszugleichen,
Doch allzuhart und gar zu eifrig hier!
Ach, keine Inschrift und kein Liebeszeichen,
Nur leises Ahnen nennt die Schläfer mir!

Ein Hirte wohl ruht hier im duft’gen Rasen:
Ich seh’ ja frei um seinen grünen Rain
Die Alpenheerde in den Kräutern grasen;
Und wo die Heerde, muß der Hirte sein!

Ein Jäger träumt da unter kühler Decke:
Mir sagt’s das Rehlein, weidend hier bei Nacht,
Als ob es sanft die todte Hand ihm lecke;
Wem wäre sonst so milde Rach’ erdacht?

Ein Schnitter schlummert dort am fernen Saume:
Ich seh’ es an der Blumen selt’nem Tanz,
Als wühle seine Hand darin im Traume,
Zu flechten sie zum heit’ren Erntekranz!

Doch will zum Grab des Lieben Liebe wandern,
Auf welches ströme sie den Thränenzoll?
Nun, was verschlägt’s, erquickt er einen Andern,
Zu dem vielleicht noch keine Zähre quoll?!

O Trauer, suchst du nur nach Einer Welle?
Und ist das ganze dunkle Meer doch dein!
Dünkt dir ein einzig Sternlein tröstend helle?
Dein soll der ganze Strahlenhimmel sein!

O Liebe, spähst du nur nach Einem Halme?
Die ganze Erde fiel dir ja zum Loos!
Verletze nicht die Tanne ob der Palme,
Nicht ob des Blumenstrauchs das arme Moos!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Friedhof im Gebirge von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Friedhof im Gebirge“ von Anastasius Grün ist eine poetische Reflexion über den Tod, die Natur und die Vergänglichkeit des Lebens, die in einem alpinen Friedhof ihren Ausdruck findet.

Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung des Friedhofs, der sich harmonisch in die Landschaft einfügt. Der Autor beschreibt die sanften Hügel als grüne Wellen, die den stillen Ozean des Todes widerspiegeln. Anders als städtische Friedhöfe mit ihren Mauern und pompösen Grabmälern zeichnet sich dieser Ort durch seine Natürlichkeit und Schlichtheit aus. Die fehlenden Inschriften und die einfachen Kreuze betonen die Gleichheit im Tod und die Vergänglichkeit irdischer Errungenschaften. Die Natur selbst wird hier zur Erinnerung an die Verstorbenen.

Der zweite Teil des Gedichts widmet sich der Darstellung der Ruhe der Verstorbenen und dem Kreislauf des Lebens. Der Mond scheint durch die Tannen, und der Wald flüstert, während das Herz an eine stille Seefahrt gedenkt. Der Autor stellt sich vor, wie die Toten in Frieden ruhen, von der Natur umgeben. Er stellt sich einen Hirten vor, der unter der duftenden Rasen ruht, einen Jäger, der von einem Reh besucht wird, und einen Schnitter, der in seinem Traum Blumen zu Kränzen flechtet. Diese Bilder vermitteln ein Gefühl von Harmonie und Trost, da das Leben in den Kreislauf der Natur zurückkehrt.

In den letzten Strophen wendet sich das Gedicht an Trauer und Liebe. Es fragt, ob die Trauer nur nach einer einzigen Welle sucht, obwohl das ganze Meer ihr gehört, oder ob die Liebe nur nach einem Halm greift, obwohl die ganze Erde ihr zum Los wurde. Der Autor ermahnt, die Natur nicht zu verletzen, indem er die Tanne nicht über die Palme stellt und das Moos nicht über den Blumenstrauß. Dies ist eine Aufforderung, die Vergänglichkeit zu akzeptieren und die Einheit des Lebens zu erkennen. Das Gedicht endet mit einem Aufruf zur Akzeptanz und zur Wertschätzung des Lebens und der Natur, auch angesichts des Todes.

Insgesamt ist das Gedicht eine tröstliche Meditation über den Tod, die durch die Natürlichkeit des Friedhofs und die Harmonie zwischen Leben und Tod vermittelt wird. Es fordert den Leser auf, die Vergänglichkeit zu akzeptieren und die Schönheit und Einheit des Lebens zu erkennen. Es ist ein Plädoyer für Trost in der Natur und für eine Haltung der Demut und des Friedens gegenüber dem Tod.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.