Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , ,

Abenddämmerung

Von

Sei willkommen, Zwielichtstunde!
Dich vor allen lieb′ ich längst,
Die du, lindernd jede Wunde,
Unsre Seele mild umfängst.

Hin durch deine Dämmerhelle
In den Lüften, abendfeucht,
Schweben Bilder, die der grelle
Schein des lauten Tags gescheucht.

Träume und Erinnerungen
Nahen aus der Kinderzeit,
Flüstern mit den Geisterzungen
Von vergangner Seligkeit.

Und zu Jugendlustgenossen
Kehren wir ins Vaterhaus;
Arme, die uns einst umschlossen,
Breiten neu sich nach uns aus.

Nach dem Trennungsschmerz, dem langen,
Dürfen wir noch einmal nun
Denen, die dahingegangen,
Am geliebten Herzen ruhn,

Und, indes zum Augenlide
Sanft der Schlummer niederrinnt,
Sinkt auf uns ein sel′ger Friede
Aus dem Land, wo jene sind.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Abenddämmerung von Adolf Friedrich Graf von Schack

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abenddämmerung“ von Adolf Friedrich Graf von Schack zelebriert die friedvolle und tröstliche Atmosphäre der Abenddämmerung. Es offenbart eine tiefe Sehnsucht nach Ruhe, Erinnerung und Wiedervereinigung mit vergangenen Zeiten und geliebten Menschen. Das Gedicht beginnt mit einer Begrüßung der Zwielichtstunde, die als geliebte und tröstende Zeit des Tages hervorgehoben wird. Der Autor empfindet die Dämmerung als eine Balsam für die Seele, die Wunden heilt und einen milden, schützenden Rahmen bildet.

Im weiteren Verlauf beschreibt Schack, wie die Dämmerung eine Flucht aus dem Lärm und der Hektik des Tages ermöglicht. In der „Dämmerhelle“ erscheinen Bilder, die tagsüber vom grellen Schein des Tages verdrängt wurden. Dies sind Träume und Erinnerungen, die aus der Kindheit und Jugend aufsteigen und eine Verbindung zur Vergangenheit herstellen. Die Verwendung des Wortes „Geisterzungen“ deutet auf eine spirituelle Dimension hin, in der vergangene Freuden und Glückseligkeiten wieder lebendig werden. Diese Rückbesinnung ermöglicht es dem lyrischen Ich, in eine Welt der Geborgenheit einzutauchen.

Ein zentrales Thema des Gedichts ist die Sehnsucht nach Wiedervereinigung mit den Verstorbenen. Durch die Abenddämmerung werden wir „zu Jugendlustgenossen“ ins „Vaterhaus“ zurückgeführt, wo „Arme“ uns erneut umarmen. Dieses Bild der umarmenden Arme symbolisiert die tiefe Verbundenheit und Liebe, die über den Tod hinaus Bestand hat. Die Möglichkeit, „am geliebten Herzen“ der Verstorbenen zu ruhen, mildert den Trennungsschmerz und verspricht Trost und Frieden.

Das Gedicht gipfelt in der Beschreibung eines seligen Friedens, der aus dem Reich der Verstorbenen, dem „Land, wo jene sind“, auf uns herabkommt. Dieser Frieden ist eng verbunden mit dem sanften Übergang zum Schlaf, dem „Schlummer“, der das Bewusstsein für die Welt verblassen lässt. Die Abenddämmerung wird somit zu einer Brücke zwischen Leben und Tod, Erinnerung und Hoffnung, die uns inmitten der Stille und Dunkelheit Trost und Geborgenheit schenkt. Schacks Gedicht ist eine Ode an die Melancholie, die Nostalgie und die unsterbliche Kraft der Liebe.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.