Im Dorfe
Es bellen die Hunde, es rascheln die Ketten;
Es schlafen die Menschen in ihren Betten,
Träumen sich manches, was sie nicht haben,
Tun sich im Guten und Argen erlaben;
Und morgen früh ist alles zerflossen.
Je nun, sie haben ihr Teil genossen
Und hoffen, was sie noch übrig ließen,
Doch wieder zu finden auf ihren Kissen.
Bellt mich nur fort, ihr wachen Hunde,
Laßt mich nicht ruh′n in der Schlummerstunde!
Ich bin zu Ende mit allen Träumen.
Was will ich unter den Schläfern säumen?
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Im Dorfe“ von Wilhelm Müller beschreibt eine melancholische Reflexion über das Dorfleben und die eigene Position darin. Es beginnt mit einer Beschreibung der nächtlichen Szenerie: Hundegebell und das Rascheln von Ketten, während die Dorfbewohner in ihren Betten schlafen und träumen. Diese ersten Verse etablieren eine Atmosphäre der Ruhe und des scheinbaren Friedens im Dorf, kontrastiert durch die Unruhe, die vom Erzähler wahrgenommen wird. Die Träume der Schlafenden, die von Dingen handeln, die sie nicht haben, und ihre Freude am Guten und Schlechten, weisen auf die menschliche Sehnsucht und das Streben nach Glück hin.
Der zweite Abschnitt des Gedichts nimmt eine resignierte Haltung ein. Die Erkenntnis, dass „morgen früh ist alles zerflossen“, verdeutlicht die Vergänglichkeit und Flüchtigkeit der Träume und Hoffnungen. Die Dorfbewohner haben ihr Teil genossen und hoffen, das, was sie zurückließen, auf ihren Kissen wiederzufinden. Dies unterstreicht die zyklische Natur des Lebens und die wiederkehrenden Hoffnungen und Enttäuschungen. Der Erzähler scheint diese zyklische Bewegung jedoch bereits durchschaut zu haben, was ihn von den anderen unterscheidet.
Im letzten Teil richtet sich der Erzähler direkt an die Hunde und fordert sie auf, ihn zu verbellen und nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Er ist „zu Ende mit allen Träumen“ und fragt, warum er sich unter den Schläfern aufhalten soll. Diese Zeilen zeigen eine tiefe Entfremdung und das Gefühl, nicht mehr Teil des Dorflebens sein zu wollen. Der Erzähler hat die Illusionen und das Streben der anderen hinter sich gelassen und sucht nach einer anderen Realität oder Erkenntnis, die er im Zustand des Schlafens und Träumens nicht finden kann.
Das Gedicht ist somit eine Reflexion über die Vergänglichkeit, die Träume und die Entfremdung. Es zeigt die Distanz des Erzählers zum Dorfleben und sein Bedürfnis nach einer tieferen Auseinandersetzung mit der Realität. Die einfache Sprache und der klare Aufbau verstärken die emotionale Wirkung des Gedichts, indem sie die Kluft zwischen dem Erzähler und den anderen Dorfbewohnern deutlich machen. Der Kontrast zwischen der Ruhe des Dorfes und der inneren Unruhe des Erzählers erzeugt eine eindringliche Stimmung der Einsamkeit und des Verlangens nach etwas Unbekanntem.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.