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Die Wetterfahne

Von

Der Wind spielt mit der Wetterfahne
Auf meines schönen Liebchens Haus.
Da dacht ich schon in meinem Wahne,
Sie pfiff den armen Flüchtling aus.

Er hätt′ es eher bemerken sollen,
Des Hauses aufgestecktes Schild,
So hätt′ er nimmer suchen wollen
Im Haus ein treues Frauenbild.

Der Wind spielt drinnen mit den Herzen
Wie auf dem Dach, nur nicht so laut.
Was fragen sie nach meinen Schmerzen?
Ihr Kind ist eine reiche Braut.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Wetterfahne von Wilhelm Müller

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Wetterfahne“ von Wilhelm Müller zeichnet ein Bild von Enttäuschung und Verlust, eingebettet in die Melancholie einer unerwiderten Liebe. Es beginnt mit einer scheinbar unschuldigen Beobachtung, die jedoch sofort durch die Gefühle des lyrischen Ichs gefärbt wird. Der Wind, der mit der Wetterfahne spielt, wird in der Einbildung des Sprechers zu einem Zeichen der Ablehnung und des Spottes. Er interpretiert das Spiel des Windes als ein „Pfeifen“ auf den „armen Flüchtling“, wodurch die Atmosphäre von Anfang an durch eine persönliche Tragik geprägt ist.

Die zweite Strophe vertieft die Erkenntnis, die der Sprecher durchlebt. Er reflektiert über sein eigenes Unvermögen, die Zeichen zu erkennen, und über die Hoffnungslosigkeit seiner Situation. Das „aufgesteckte Schild“ des Hauses steht für die Realität, die er hätte wahrnehmen sollen: die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation, die ihn von der Geliebten trennt. Der Sprecher erkennt, dass er sich vergebens nach einem „treuen Frauenbild“ in einem Umfeld sehnte, das durch andere Werte bestimmt wird. Die Sehnsucht nach echter, ungezügelter Liebe scheitert an der kalten Realität.

In der dritten Strophe, die den Höhepunkt des Gedichts bildet, wird die Tragik deutlich ausgesprochen. Der Wind, der auf dem Dach mit der Wetterfahne spielt, spiegelt nun das Spiel mit den Herzen wider. Der Sprecher ahnt, dass die Herzen der Bewohner des Hauses ähnlich unbeständig und unnahbar sind wie die Wetterfahne. Die letzte Zeile „Ihr Kind ist eine reiche Braut“ offenbart schließlich den Grund für die Ablehnung und die Kälte. Die reiche Heirat, nicht die Liebe, ist das Ziel, wodurch die tiefe Kluft zwischen den Gefühlen des Sprechers und der Realität der Welt um ihn herum zum Ausdruck gebracht wird. Die Emotionale Distanz verdeutlicht die tiefe Verzweiflung und den Schmerz des Sprechers.

Müllers Gedicht zeichnet sich durch seine einfache, klare Sprache und die Verwendung von Alltagsbildern aus, die jedoch mit großer emotionaler Intensität aufgeladen sind. Die Wetterfahne, der Wind und das Haus sind mehr als nur äußere Zeichen; sie werden zu Metaphern für die Gefühlswelt des Sprechers und die gesellschaftlichen Kräfte, die seine Liebe zerstören. Die subtile, aber wirkungsvolle Darstellung von Verlust und unerwiderter Liebe macht „Die Wetterfahne“ zu einem berührenden und zeitlosen Gedicht über die Vergänglichkeit von Hoffnungen und die Härte der Welt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.