Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.

Der Esel

Von

Es stand vor eines Hauses Tor
Ein Esel mit gespitztem Ohr,
Der käute sich sein Bündel Heu
Gedankenvoll und still entzwei.

Nun kommen da und bleiben stehn
Der naseweisen Buben zween,
Die auch sogleich, indem sie lachen,
Verhaßte Redensarten machen,
Womit man denn bezwecken wollte,
Daß sich der Esel ärgern sollte.

Doch dieser hocherfahrne Greis
Beschrieb nur einen halben Kreis,
Verhielt sich stumm und zeigte itzt
Die Seite, wo der Wedel sitzt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Esel von Wilhelm Busch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Esel“ von Wilhelm Busch ist eine humorvolle Beobachtung über die Gelassenheit und Weisheit eines alten Esels, der sich von den Neckereien zweier Buben nicht aus der Ruhe bringen lässt. Das Gedicht zeichnet sich durch seine einfache Sprache, den Reim und die pointierte Schlusswendung aus, die eine kleine Lebensweisheit vermittelt.

Die ersten beiden Strophen beschreiben die Szenerie und die Akteure. Wir sehen den Esel vor einem Haus, der in aller Ruhe sein Heu kaut, ein Bild der friedlichen Kontemplation. Diese Ruhe wird durch das Auftauchen der „naseweisen Buben“ gestört, die den Esel mit „verhaßten Redensarten“ ärgern wollen. Der Kontrast zwischen der beschaulichen Szene und dem kindischen Verhalten der Buben wird durch die einfache, fast kindliche Sprache verstärkt, was den humoristischen Effekt noch steigert.

Der Wendepunkt des Gedichts kommt in der dritten Strophe. Der „hocherfahrne Greis“ (der Esel) reagiert nicht mit Zorn oder Trotz, sondern mit stoischer Gelassenheit. Er dreht sich um, ohne ein Wort zu sagen, und präsentiert den Buben demonstrativ seinen Schwanz. Diese Geste ist eine subtile, aber deutliche Botschaft der Ignoranz und der Überlegenheit. Der Esel zeigt den Buben, dass er sich von ihrem Geplänkel nicht beeindrucken lässt und dass er über ihren Spott erhaben ist.

Busch nutzt hier die Figur des Esels, der traditionell als Symbol für Sturheit und Dummheit gilt, um eine überraschende Wendung zu erzeugen. Indem der Esel so gelassen und weise reagiert, entlarvt Busch die Kleinlichkeit der Buben und vermittelt die Botschaft, dass es manchmal am klügsten ist, über den Dingen zu stehen und sich nicht von unnötigen Aufregungen mitreißen zu lassen. Der humorvolle Ton und die einfache Sprache machen das Gedicht zu einer unterhaltsamen Lektion in Gelassenheit und Selbstbeherrschung.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.