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Der Subalterne

Von

»Immer Achselzucken (es ist zum Lachen),
Und doch sind wir es, die es machen.

Das Bißchen Deutschland zusammenzuschweißen,
Das lag in der Zeit, das will nicht viel heißen –
Und Sedan? Nach links und rechts zu schwenken,
Ist auch nichts Gefährlichs auszudenken.

Ich bin nicht für Ruhm, ich bin nicht für Ehr′,
Es ist mit alledem nicht weit her,
Und es wär′ mir ein Leichtes, mich drin zu finden,
Wär′ nicht die Frau – die kann′s nicht verwinden.«

So hieß es um Weihnacht. Am Ordensfest
Sprang um der Wind von Ost nach West,
Der Glauben an Gottes Gnad′ und Güte
Schlug wieder Wurzel in seinem Gemüte.
Wie′s blinkt, wie′s schillert! Er strahlt, er bebt.
»Ich habe nicht umsonst gelebt.«

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Gedicht: Der Subalterne von Theodor Fontane

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Subalterne“ von Theodor Fontane präsentiert eine ambivalente Betrachtung der Rolle des Einzelnen im Kontext von Krieg und gesellschaftlichem Wandel, vermutlich im Deutschland des späten 19. Jahrhunderts. Der Protagonist, ein Mann von untergeordneter Stellung (Subaltern) und damit Teil der breiten Masse, äußert zunächst eine gewisse Resignation und eine Distanz zum politischen Geschehen. Er scheint die großen, staatstragenden Ereignisse, wie die Einigung Deutschlands und die Schlacht von Sedan, zu relativieren und als nicht sonderlich aufregend abzutun. Seine Einstellung drückt sich in dem wiederholten „es ist zum Lachen“ und dem „nicht viel heißen“ aus, was eine gewisse Desillusionierung und ein Gefühl der Ohnmacht andeutet.

Der zweite Teil des Gedichts, beginnend mit dem Ordensfest, zeigt eine bemerkenswerte Wendung. Hier wendet sich der Subalterne scheinbar der Tradition und dem Glauben zu. Die Beschreibung der Szenerie mit Begriffen wie „blinkt“, „schillert“, „strahlt“ und „bebt“ erzeugt ein Gefühl der Erhabenheit und des Stolzes. Dies deutet auf eine persönliche Transformation oder zumindest eine Verklärung, die durch die Feierlichkeiten ausgelöst wird. Der Protagonist scheint in diesem Moment die Bedeutung seines Lebens zu finden. Vielleicht durch das Gefühl der Zugehörigkeit, das durch die religiöse Gemeinschaft oder die nationale Identität vermittelt wird.

Die Figur des Subalternen kann als stellvertretend für das gemeine Volk verstanden werden, das oft von den großen politischen Entscheidungen und kriegerischen Auseinandersetzungen betroffen ist, aber keinen direkten Einfluss darauf hat. Fontane thematisiert somit die Widersprüchlichkeit der menschlichen Existenz, die zwischen dem Gefühl der Bedeutungslosigkeit und dem Wunsch nach Sinnhaftigkeit oszilliert. Die Zeilen „Ich bin nicht für Ruhm, ich bin nicht für Ehr'“ im ersten Teil offenbaren eine gewisse Ernüchterung, während der triumphierende Schluss „Ich habe nicht umsonst gelebt“ die Suche nach einem höheren Wert widerspiegelt.

Das Gedicht ist ein Beispiel für Fontanes realistische Darstellung des Lebens und seiner Widersprüche. Es verzichtet auf pathetische oder heroische Elemente und konzentriert sich stattdessen auf die innere Gefühlswelt einer scheinbar unbedeutenden Person. Durch die Gegenüberstellung von Zynismus und Ergriffenheit, von Resignation und Erwartung, wird die Komplexität menschlicher Erfahrung in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche eindrucksvoll vermittelt. Der Subalterne wird so zum Spiegelbild der Leser*innen, die sich mit seinen Zweifeln und Hoffnungen identifizieren können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.