Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
Es treibt der Wind im Winterwalde…
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Es treibt der Wind im Winterwalde“ von Rainer Maria Rilke beschreibt eine winterliche Szenerie und vermittelt eine Stimmung der Erwartung und des Wartens auf ein kommendes Ereignis, das mit Licht und Herrlichkeit assoziiert wird. Die Eröffnung des Gedichts etabliert sofort das Bild eines winterlichen Waldes, in dem der Wind als treibende Kraft die Schneeflocken wie eine Herde hütet. Diese Metapher verleiht dem Wind eine aktive, fast pastorale Rolle und deutet auf eine bevorstehende Veränderung hin.
Die „Tanne“ steht im Zentrum der zweiten Strophe und wird als Protagonistin dargestellt, die die kommende Veränderung erwartet. Die Verwendung von Begriffen wie „fromm und lichterheilig“ deutet auf die bevorstehende Weihnachtszeit hin, in der die Tannenbäume geschmückt und beleuchtet werden. Die Tanne „lauscht hinaus“ und „streckt die Zweige hin – bereit“, was eine Haltung der Hingabe und Erwartung signalisiert. Die Tanne nimmt aktiv Anteil an dem, was kommt, und bereitet sich darauf vor, die „eine Nacht der Herrlichkeit“ zu empfangen.
Der Kontrast zwischen der rauen Winterlandschaft, die durch den Wind und die „Flockenherde“ repräsentiert wird, und der ersehnten „Nacht der Herrlichkeit“ ist deutlich. Die Tanne „wehrt dem Wind“ und „wächst entgegen“, was ihre Widerstandsfähigkeit und ihr Streben nach dem Licht verdeutlicht. Dieser Kontrast verstärkt die Bedeutung des kommenden Ereignisses und die Hoffnung auf eine Transformation. Die Verwendung von Adjektiven wie „weiß“ und „heilig“ unterstreicht die Reinheit und den spirituellen Wert, der mit der Weihnachtszeit verbunden ist.
Insgesamt vermittelt das Gedicht ein Gefühl der Hoffnung, des Wartens und der Vorfreude auf etwas Besonderes. Rilke nutzt die winterliche Natur, um die tieferen menschlichen Sehnsüchte nach Erlösung und Erleuchtung widerzuspiegeln. Das Gedicht ist eine poetische Meditation über die Erwartung und die Bereitschaft, sich auf ein Ereignis einzulassen, das Schönheit und Herrlichkeit verspricht. Die Stille und das Warten im Winterwald werden somit zu einer Metapher für die spirituelle Reise und die Suche nach dem Licht.
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Lizenz und Verwendung
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