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Die Toten

Von

Die Toten starben nicht. Es starb ihr Kleid.
Ihr Leib zerfiel, es lebt ihr Geist und Wille.
Vereinigt sind sie dir zu jeder Zeit
in deiner Seele tiefer Tempelstille.

In dir und ihnen ruht ein einiges Reich,
wo Tod und Leben Wechselworte tauschen.
In ihm kannst du, dem eigenen Denken gleich,
den stillen Stimmen deiner Toten lauschen.

Und reden kannst du, wie du einst getan,
zu deinen Toten lautlos deine Worte.
Unwandelbar ist unsres Geistes Bahn
und ewig offen steht des Todes Pforte.

Schlagt Brücken in euch zu der Toten Land,
die Toten bau’n mit euch am Bau der Erde.
Geht wissend mit den Toten Hand in Hand,
auf daß die ganze Welt vergeistigt werde.

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Gedicht: Die Toten von Manfred Kyber

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Toten“ von Manfred Kyber beschäftigt sich mit dem Thema des Lebens nach dem Tod und der untrennbaren Verbindung zwischen den Lebenden und den Verstorbenen. Zu Beginn wird der Tod nicht als endgültiges Ende, sondern als Transformation beschrieben: „Die Toten starben nicht. Es starb ihr Kleid.“ Der „Leib“ zerfällt, aber der „Geist und Wille“ der Toten bleiben lebendig. Diese Vorstellung betont, dass der Tod nicht das vollständige Verschwinden bedeutet, sondern vielmehr eine Veränderung des Zustands, wobei der Geist der Verstorbenen weiterhin existiert und sich mit den Lebenden verbindet. Die Toten leben weiter in der „Seele“ des Sprechers, in einer „tiefer Tempelstille“, was einen Zustand der inneren Ruhe und spirituellen Verbindung symbolisiert.

In der zweiten Strophe wird die Verbindung zwischen den Toten und den Lebenden weiter vertieft. Es wird ein „einiges Reich“ beschrieben, in dem Tod und Leben in einem ständigen Dialog miteinander stehen. In diesem Reich „wechseln Worte“ zwischen den beiden Zuständen, was eine Kommunikation und Einheit zwischen den Welten der Lebenden und der Toten darstellt. Der Sprecher kann „den stillen Stimmen“ der Toten lauschen und mit ihnen sprechen, was die Idee verstärkt, dass die Toten weiterhin einen Einfluss auf die Lebenden haben und dass der Tod nicht als Trennung, sondern als eine Form der Fortdauer verstanden wird.

Die dritte Strophe betont die Möglichkeit, mit den Toten zu sprechen, als ob sie noch unter den Lebenden wären: „reden kannst du, wie du einst getan“. Diese Kommunikation ist lautlos, was auf eine tiefere, vielleicht spirituelle Form der Verständigung hinweist, die über das sprachliche hinausgeht. Die „unwandelbare Bahn“ des Geistes und die „ewig offene Pforte des Todes“ deuten darauf hin, dass der Geist der Toten und der Lebenden in einem unaufhörlichen Fluss verbunden sind, dass der Tod keine endgültige Grenze zieht, sondern ein fortwährender Prozess ist.

Abschließend fordert das Gedicht zu einer aktiven und bewussten Verbindung mit den Toten auf. „Schlagt Brücken in euch zu der Toten Land“ und „geht wissend mit den Toten Hand in Hand“ appellieren an die Idee, dass die Lebenden und die Toten in einem kontinuierlichen, gegenseitigen Austausch stehen sollten. Diese Verbindung hat eine höhere Bedeutung: Sie soll dazu beitragen, „die ganze Welt vergeistigt“ zu machen, was bedeutet, dass das Leben und der Tod in eine tiefere spirituelle Einheit übergehen können. Das Gedicht fordert dazu auf, die Toten nicht zu vergessen, sondern sie als aktive, geistige Begleiter im Leben zu sehen, die mit uns an der „Bau der Erde“ mitwirken.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.