Aus!
Ob jeder Freude seh ich schweben
Den Geier bald, der sie bedroht;
Was ich geliebt, gesucht im Leben,
Es ist verloren oder tot.
Fort riß der Tod in seinem Grimme
Von meinem Glück die letzte Spur;
Das Menschenherz hat keine Stimme
Im finstern Rate der Natur.
Ich will nicht länger töricht haschen
Nach trüber Fluten hellem Schaum,
Hab aus den Augen mir gewaschen
Mit Tränen scharf den letzten Traum.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Aus!“ von Nikolaus Lenau ist ein Ausdruck tiefgreifender Verzweiflung und Resignation angesichts der Vergänglichkeit und des Verlusts. Es spiegelt eine pessimistische Weltsicht wider, in der Freude stets von der Drohung des Unglücks überschattet wird. Der Geier, der als Metapher für den Tod oder das Leid dient, schwebt über jeder Freude und signalisiert deren unvermeidliches Ende. Die ersten beiden Strophen beschreiben den Verlust von geliebten Dingen und dem Glück des lyrischen Ichs, das durch den Tod unwiederbringlich vernichtet wurde.
Lenau verwendet Bilder, die das Gefühl der Hoffnungslosigkeit verstärken. Die „letzte Spur“ des Glücks wird vom Tod „fortgerissen“, was die Endgültigkeit des Verlustes unterstreicht. Das „Menschenherz“ wird als machtlos im Angesicht der unerbittlichen „Natur“ dargestellt, was die Idee der menschlichen Ohnmacht verstärkt. Die Natur, dargestellt als „finsterer Rat“, scheint unbarmherzig und gleichgültig gegenüber dem Leid der Menschen zu sein. Diese düstere Sichtweise spiegelt eine romantische Sehnsucht wider, die durch die Erkenntnis der Unvermeidlichkeit des Todes gebrochen wird.
Die letzte Strophe markiert den Übergang zur Resignation. Das lyrische Ich entscheidet sich, nicht länger nach den vergänglichen Freuden des Lebens zu streben, symbolisiert durch den „trüben Fluten hellem Schaum“. Dieser Schaum, der an der Oberfläche des Lebens erscheint, ist flüchtig und trügerisch. Der letzte „Traum“ wird „aus den Augen“ gewaschen, was die endgültige Aufgabe aller Illusionen und Hoffnungen bedeutet. Dies ist jedoch kein aktives Akzeptieren, sondern eher eine passive Ergebung in die Realität des Verlustes und der Hoffnungslosigkeit.
Die Sprache des Gedichts ist von einer melancholischen Stimmung geprägt, die durch die Wahl der Worte und Bilder verstärkt wird. Die Verwendung von Wörtern wie „verloren“, „tot“, „Grimme“, „finster“ und „Tränen“ erzeugt eine Atmosphäre von Trauer und Verzweiflung. Die Reime und der Rhythmus tragen zur musikalischen Qualität des Gedichts bei, das die Gefühle des Sprechers verstärkt. Letztlich ist „Aus!“ ein eindrucksvoller Ausdruck von Verlust, Resignation und der unerbittlichen Macht des Todes, der die Schönheit und Freude des Lebens zu zerstören scheint.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.