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Rechtes Streben

Von

Der Schläfer, der im Grase träumend liegt,
Bis hoch am Himmel schon der Sonnenwagen,
Er kann, wenn dann empor sein Auge fliegt,
Des Lichtes helle Klarheit nicht ertragen,
Es blendet ihm wie Fackellicht die Augen,
Die, weggewandt, nicht mehr zum Sehen taugen.

Nicht so der Andre, der vom Morgengrau′n
Mit wachem Auge folgt des Lichtes Spuren,
Ihn blendet′s nicht, er kann es offen schau′n,
Wenn rings sein Schimmer strahlt auf allen Fluren;
Am Quell des Lichtes darf er furchtlos hangen,
Der nie verwirrt, wer stets ihm nachgegangen.

O du, der Wahrheit und Erkenntniß sucht,
So streb′ ihr nach vom ersten Tagesgrauen,
Daß nach und nach dir reift der Klarheit Frucht,
Daß aus dir selber wächst die Kraft zum Schauen!
Denn Wahrheit, die die Geister selbst erwerben,
Wird nie zum Unheil ihnen und Verderben!

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Gedicht: Rechtes Streben von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Rechtes Streben“ von Luise Büchner ist eine Ermahnung zum aktiven, zielgerichteten Streben nach Wahrheit und Erkenntnis, dargestellt durch zwei gegensätzliche Charaktere. Der erste Charakter, der Schläfer, symbolisiert denjenigen, der passiv auf das Leben wartet und sich der Erkenntnis erst zuwendet, wenn die Zeit bereits fortgeschritten ist. Seine Augen werden vom Licht geblendet, was darauf hindeutet, dass er nicht in der Lage ist, die Wahrheit zu ertragen, weil er sie nicht aktiv gesucht hat.

Der zweite Charakter, der vom Morgengrauen an nach dem Licht strebt, steht im Gegensatz zum Schläfer. Er symbolisiert den Menschen, der von Anfang an nach der Wahrheit sucht und sich ihr mutig stellt. Seine Augen werden vom Licht nicht geblendet, was darauf hindeutet, dass er in der Lage ist, die Wahrheit zu erfassen und zu verstehen, weil er sich aktiv darum bemüht hat. Er kann am „Quell des Lichtes“ „furchtlos hangen“, was ein Bild der Vertrautheit und des Verständnisses der Wahrheit ist, das nur durch stetiges Bemühen erlangt werden kann.

Die Metapher des Lichtes dient als Gleichnis für die Wahrheit und Erkenntnis. Büchner fordert den Leser auf, „vom ersten Tagesgrauen“ nach der Wahrheit zu streben, was bedeutet, dass das Streben nach Wissen eine kontinuierliche Anstrengung sein sollte, die von Anfang an im Leben praktiziert wird. Durch dieses stetige Streben reift die „Klarheit“, und die Kraft zum Schauen entsteht aus dem Inneren des Menschen. Dies impliziert, dass wahre Erkenntnis nicht von außen aufgezwungen werden kann, sondern durch eigene Anstrengung und Reflexion erworben werden muss.

Die abschließenden Verse betonen, dass die Wahrheit, die durch eigenes Bemühen erlangt wird, dem Menschen niemals zum Schaden gereichen wird. Diese Aussage ist ein wichtiger Bestandteil der Botschaft des Gedichts. Sie suggeriert, dass das Streben nach Wahrheit nicht nur ein lohnendes Unterfangen ist, sondern auch eine Quelle der Sicherheit und des Schutzes darstellt. Das Gedicht ist somit eine Ode an die Eigenverantwortung, das aktive Lernen und die dauerhafte Suche nach Erkenntnis, die den Einzelnen befähigt, der Welt mit Klarheit und Mut zu begegnen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.