Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

Petrarch und Tasso

Von

Zu Laura′s Preise schlug Petrarch die Leier,
Und all sein Denken war nur eine Feier
Für , der seine ganze Seele lebt;
Doch strebt′ er nie nach irdischem Besitze,
Sie war die Göttin auf dem Wolkensitze,
Zu der kein Sterblicher die Wünsche hebt.

So strömte Tasso aus der Liebe Quelle
Der Dichtkunst heil′ge, segensreiche Welle,
Für Leonore sang sein Genius.
An ihrem Geiste durst′ er sich entzünden,
Er war ihr nahe; ihre Blicke künden
Ihm manchen tiefen, ahnungsvollen Gruß.

Da sinkt er nieder vor dem hohen Weibe,
Und wird des Stolzes, wird der Rohheit Scheibe,
Weil er empfand der Liebe Schmerz –
Wohl mag ich staunend auf Petrarcha sehen,
Den Liebessänger, frei von ird′schen Wehen –
Zu Tasso aber fliegt mein ganzes Herz!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Petrarch und Tasso von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Petrarch und Tasso“ von Luise Büchner vergleicht die Liebeserfahrungen und dichterischen Leistungen von Petrarch und Torquato Tasso, zwei berühmten Dichtern der italienischen Renaissance, und stellt dabei eine Wertung vor. Das Gedicht beginnt mit Petrarch, der seine Muse Laura verehrte. Petrarchs Liebe war idealisiert und spirituell, frei von weltlichen Begierden und irdischem Besitz. Laura wird als „Göttin auf dem Wolkensitze“ dargestellt, was die erhabene Natur seiner Verehrung unterstreicht.

Im Gegensatz dazu wendet sich Büchner Tassos Liebe und Schicksal zu. Tasso, der Leonore liebte, schöpfte seine Inspiration aus der Liebe, aber er erlebte auch die Konsequenzen einer leidenschaftlichen und möglicherweise unerwiderten Liebe. Er „sinkt nieder vor dem hohen Weibe“ und wird zum Opfer von Stolz und Rohheit, was auf seine schwierige Beziehung zu Leonore und dem Hof hindeutet. Die Verwendung des Wortes „Scheibe“ deutet auf eine Demütigung oder Zurückweisung hin, die Tassos Schmerz und Verletzlichkeit hervorhebt.

Das Gedicht endet mit einem klaren Urteil der Dichterin. Während sie Petrarchs idealisierte Liebe bewundert, identifiziert sie sich mit Tassos leidenschaftlicherem und leidvollerem Erleben. „Wohl mag ich staunend auf Petrarcha sehen, / Den Liebessänger, frei von ird’schen Wehen – / Zu Tasso aber fliegt mein ganzes Herz!“. Diese Aussage deutet darauf hin, dass Büchner die Komplexität und das Leid der menschlichen Liebe in Tassos Werk als authentischer empfindet. Es ist eine Präferenz für die Realität und Tiefe des Leidens gegenüber der idealisierten, aber möglicherweise distanzierten Darstellung der Liebe, wie sie in Petrarchs Lyrik zu finden ist.

Die Wahl der Sprache und Struktur des Gedichts unterstützt die Botschaft. Der erste Teil über Petrarch ist ruhiger und distanzierter, während die Zeilen über Tasso emotionaler und direkter sind. Der Kontrast zwischen den beiden Dichtern unterstreicht die unterschiedlichen Erfahrungen und Emotionen, die die Liebe und die Kunst hervorbringen können. Büchner verwendet einfache, aber effektive Reime und Bilder, um ihre Aussagen zu verdeutlichen und die Leser emotional anzusprechen. Das Gedicht ist somit nicht nur ein Vergleich, sondern auch ein Bekenntnis zu einer Liebe, die nicht frei von Schmerz und menschlicher Erfahrung ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.