An den Apoll
Apollo! (denn dir hat Friedrich den Tempel
Aus Stufen erhöht, mit Säulen umpflanzet,
Und deinen Spielen eingeweiht:
Melpomene singt in Eratons Laute,
Terpsichore tanzt in Waffen, im Schleyer,
Dir menschliche Geschichten vor;)
Vergönne doch auch der süssen Cythere
Den Zutritt, und o! dem freundlichen Amor,
Der leichtgerüstet vor ihr hüpft!
Den Grazien, die der Gürtel entbehren,
Der Suada, mit hold einladenden Lippen,
Und allem jungen Göttervolk!
Komm, munterer Witz, und Muthwill, und Lachen,
Und artiger Trotz, und fröhlicher Leichtsinn,
Und du, schalkhafter kleiner Scherz!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An den Apoll“ von Karl Wilhelm Ramler ist eine Ode, die sich an den griechischen Gott Apoll wendet und ihn bittet, sein Reich für die Künste, die Freude und die Liebe zu öffnen. Das Gedicht spiegelt die Ideale der Aufklärung wider, indem es die Harmonie von Geist und Gefühl, Kunst und Vergnügen feiert. Ramler, ein wichtiger Vertreter der deutschen Aufklärung, verbindet hier die Verehrung des Gottes der Künste mit dem Wunsch nach einer erweiterten, freudvollen Weltanschauung.
Die ersten Strophen etablieren die Verehrung für Apoll und erwähnen den Tempel, der ihm von Friedrich (dem Großen) gewidmet wurde. Dies betont die Verbindung zwischen dem göttlichen Bereich und der menschlichen Welt, insbesondere der Welt des Kunstschaffens. Melpomene, Terpsichore und Eraton symbolisieren die Künste der Tragödie, des Tanzes und des Gesangs, welche im Rahmen der Widmung Apolls verehrt werden. Die Nennung der Musen und ihrer Künste deutet darauf hin, dass der Dichter nicht nur Apoll, sondern auch die Künste als Ganzes ehrt. Ramler bittet Apoll, die „süße Cythere“ (Venus), Amor und das Gefolge der Grazien, Suada und aller jungen Götter einzuladen.
Die zweite Hälfte des Gedichts ist ein Aufruf zur Freude und zum unbeschwerten Genuss des Lebens. Ramler beschwört verschiedene Personifikationen wie „munterer Witz“, „Muthwill“, „Lachen“, „artiger Trotz“, „fröhlicher Leichtsinn“ und „schalkhafter kleiner Scherz“, um die Anwesenheit von Heiterkeit, Rebellion, Freude und dem Spiel anzuregen. Diese Aufzählung von personifizierten Eigenschaften betont die Vielfalt und Lebendigkeit der menschlichen Erfahrung. Die Aufklärung suchte die Freiheit und die Freude in den Künsten und im Leben zu vereinen.
Die Struktur des Gedichts ist geordnet und klassisch, was die Werte der Aufklärung widerspiegelt: die Verwendung von Reimen, die klaren Strophen und die kontrollierte Sprache zeugen von der Wertschätzung für Ordnung, Vernunft und Schönheit. Durch die Kombination von Verehrung, Bitte und Appell an die Lebensfreude schafft Ramler ein Gedicht, das die Essenz der Aufklärung einfängt: das Streben nach Wissen, Schönheit, Freude und einem umfassenden Verständnis der menschlichen Erfahrung. Es ist eine Einladung an Apoll, die Tür für eine Welt zu öffnen, in der Geist und Gefühl, Kunst und Vergnügen harmonisch nebeneinander existieren.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.