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Seemanns Abschied

Von

Ade, mein Schatz, du mochtst mich nicht,
Ich war dir zu geringe.
Einst wandelst du bei Mondenlicht
Und hörst ein süßes Klingen,
Ein Meerweib singt, die Nacht ist lau,
Die stillen Wolken wandern,
Da denk an mich, ′s ist meine Frau,
Nun such dir einen andern!

Ade, ihr Landsknecht′, Musketier′!
Wir ziehn auf wildem Rosse,
Das bäumt und überschlägt sich schier
Vor manchem Felsenschlosse,
Der Wassermann bei Blitzesschein
Taucht auf in dunklen Nächten,
Der Haifisch schnappt, die Möwen schrein –
Das ist ein lustges Fechten!

Streckt nur auf eurer Bärenhaut
Daheim die faulen Glieder,
Gott Vater aus dem Fenster schaut,
Schickt seine Sündflut wieder,
Feldwebel, Reiter, Musketier,
Sie müssen all ersaufen,
Derweil mit frischem Winde wir
Im Paradies einlaufen.

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Gedicht: Seemanns Abschied von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Seemanns Abschied“ von Joseph von Eichendorff präsentiert eine komplexe Melange aus Abschied, Sehnsucht und einer gewissen bittersüßen Resignation, durchzogen von einem romantischen Weltbild. Der Seemann verabschiedet sich von seiner unerwiderten Liebe und den Kameraden des Landlebens und blickt dabei sowohl zurück als auch nach vorne, wobei er seine eigene Lebensweise glorifiziert. Die Sprache ist von romantischer Bildhaftigkeit geprägt, die auf einer tiefen Naturverbundenheit und einem Gefühl von Freiheit beruht.

Der erste Teil des Gedichts richtet sich an die abgewiesene Geliebte. Der Seemann akzeptiert die Ablehnung, doch lässt er eine Spur von Sehnsucht und leichtem Spott anklingen. Er prophezeit ihr, dass sie in einer Nacht bei Mondschein und Gesang eines Meerweibes an ihn denken wird, während er, der Seemann, bereits weitergezogen sein wird. Diese Vision spiegelt die Einsamkeit des Seemanns wider, doch auch seinen Stolz und seine Entschlossenheit, seinen eigenen Weg zu gehen. Die Zeilen erzeugen eine Atmosphäre der Melancholie, aber auch der stillen Hoffnung, dass sein Leben in der Ferne, in der Begegnung mit dem Mystischen und Unbekannten, Erfüllung finden wird.

Der zweite Teil des Gedichts ist ein Abschied von den Landsknechten und Musketieren. Hier wird die raue, abenteuerliche Welt des Seemanns der Welt des Militärs gegenübergestellt, die als langweilig und gefährdet dargestellt wird. Die Beschreibung der Seefahrt ist von dramatischen Bildern geprägt: der Wassermann, der Haifisch, die schreienden Möwen. Doch für den Seemann ist dies ein „lustges Fechten“, ein aufregender Kampf, während die Soldaten und der Feldwebel im sicheren, aber letztlich eintönigen Leben auf dem Land verweilen. Das Gedicht verweist auf die drohende Sintflut, die das Landleben vernichten wird, während der Seemann dem Paradies entgegen segelt. Dies ist nicht nur ein Abschied, sondern auch eine Verherrlichung des eigenen Lebensstils und eine Abwertung der Welt der Soldaten.

Insgesamt ist „Seemanns Abschied“ ein Gedicht, das die romantische Sehnsucht nach Freiheit, Abenteuer und dem Unbekannten widerspiegelt. Es feiert das Leben des Seemanns, seine Verbundenheit mit der Natur und sein Mut, seinen eigenen Weg zu gehen. Die Gegensätze von Land und Meer, von Langeweile und Abenteuer, von Ablehnung und Erfüllung werden gekonnt inszeniert. Eichendorffs Werk ist ein Ausdruck einer tiefen Sehnsucht nach dem Unbekannten und einer kritischen Betrachtung der etablierten gesellschaftlichen Konventionen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.