Kurze Fahrt
Posthorn, wie so keck und fröhlich
Brachst du einst den Morgen an,
Vor mir lags so frühlingsselig,
Daß ich still auf Lieder sann.
Dunkel rauscht es schon im Walde,
Wie so abendkühl wirds hier,
Schwager, stoß ins Horn – wie balde
Sind auch wir im Nachtquartier.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Kurze Fahrt“ von Joseph von Eichendorff ist ein melancholisches Stimmungsbild, das die flüchtige Natur des Glücks und der Jugend reflektiert. Es wird aus der Perspektive eines Reisenden gezeichnet, der eine kurze Fahrt durch eine idyllische Landschaft unternimmt und dabei über die Vergänglichkeit des Lebens meditiert. Das Posthorn dient als Leitmotiv und verbindet die heitere Aufbruchsstimmung des Morgens mit der melancholischen Erkenntnis des nahenden Abends und der damit verbundenen Endlichkeit.
In der ersten Strophe wird die fröhliche Aufbruchsstimmung des Reisenden durch das Posthorn symbolisiert. Dieses Instrument, das den Morgen ankündigt, steht für jugendliche Unbeschwertheit und die Erwartung eines schönen Tages. Die Zeile „Vor mir lags so frühlingsselig, / Daß ich still auf Lieder sann“ drückt die Freude an der Natur und die meditative Versunkenheit des lyrischen Ichs aus. Das „Frühlingsselige“ deutet auf eine Zeit des Aufbruchs, der Erneuerung und des Glücks hin, während das „Still auf Lieder sann“ die Vertrautheit mit Poesie und Romantik unterstreicht.
Die zweite Strophe markiert einen deutlichen Stimmungsumschwung. Das „Dunkel rauscht es schon im Walde“, kündigt den Übergang vom Tag zur Nacht an und korrespondiert mit dem Empfinden des lyrischen Ichs. Die Natur, die zuvor als Quelle der Freude wahrgenommen wurde, wird nun von der Dunkelheit verhüllt, was auf das Vergehen der Zeit und die Vergänglichkeit des Lebens hindeutet. Die Frage „Schwager, stoß ins Horn – wie balde / Sind auch wir im Nachtquartier“ verdeutlicht das Bewusstsein der Endlichkeit. Das Wort „Schwager“ deutet auf eine kameradschaftliche Verbundenheit hin, während das „Nachtquartier“ den nahenden Tod oder das Ende der Reise symbolisiert.
Eichendorff nutzt in diesem Gedicht einfache, aber eindringliche Sprache, um eine tiefe emotionale Erfahrung zu vermitteln. Die Verwendung von Reimschema (ABAB) und die klaren Bilder von Morgen und Abend, Frühling und Nacht machen das Gedicht leicht zugänglich und erzeugen gleichzeitig eine melancholische Stimmung. Das Posthorn, das zu Beginn für Freude steht, wird am Ende zu einem Symbol der Vergänglichkeit, das die kurze und kostbare Natur des Lebens hervorhebt. Das Gedicht ist somit ein typisches Beispiel für die Romantik, in der die Natur, die Gefühle und das Bewusstsein der Endlichkeit zentrale Themen sind.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.