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Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg

Von

Nach Mittage saßen wir
Junges Volk im Kühlen;
Amor kam, und Stirbt der Fuchs
Wollt′ er mit uns spielen.

Jeder meiner Freunde saß
Froh bei seinem Herzchen;
Amor blies die Fackel aus,
Sprach: „Hier ist das Kerzchen!“

Und die Fackel, wie sie glomm,
Ließ man eilig wandern;
Jeder drückte sie geschwind
In die Hand des andern.

Und mir reichte Dorilis
Sie mit Spott und Scherze.
Kaum berührt mein Finger sie,
Hell entflammt die Kerze;

Sengt mir Augen und Gesicht,
Setzt die Brust in Flammen:
Über meinem Haupte schlug
Fast die Glut zusammen.

Löschen wollt′ ich, patschte zu;
Doch es brennt beständig;
Statt zu sterben, ward der Fuchs
Recht bei mir lebendig.

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Gedicht: Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“ von Johann Wolfgang von Goethe beschreibt in spielerischer Form das plötzliche Entfachen der Liebe und ihre Auswirkungen. Das Gedicht beginnt mit einer idyllischen Szene: eine Gruppe junger Menschen verbringt einen Nachmittag im Kreise ihrer Liebsten. Amor, der Gott der Liebe, erscheint und schlägt ein Spiel vor, das mit einer Fackel verbunden ist. Diese Fackel, die zunächst harmlos erscheint, wird zum Symbol der aufkeimenden Leidenschaft.

Die Übergabe der Fackel an die verschiedenen Personen des Gedichts verdeutlicht die Verbreitung der Liebe. Jeder, der die Fackel in die Hand nimmt, scheint kurzzeitig die Flamme der Liebe zu spüren, aber nur für einen Augenblick. Doch als die Fackel an den Erzähler weitergereicht wird, entfaltet sich die volle Macht der Liebe. Dorilis, die dem Erzähler die Fackel mit Spott und Scherz überreicht, ist hier ein entscheidender Katalysator.

Die Beschreibung des Feuers, das plötzlich und heftig den Erzähler erfasst, ist von intensiver Bildhaftigkeit geprägt. Die Flammen „sengen Augen und Gesicht“ und „setzen die Brust in Flammen“, was die überwältigende und schmerzhafte Erfahrung der Liebe darstellt. Der Versuch, die Flammen zu löschen, misslingt, und anstatt zu sterben, erwacht „der Fuchs“ – ein Ausdruck, der auf die Redewendung „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“ Bezug nimmt, was bedeutet, dass die Liebe, obwohl sie zerstörerisch sein kann, letztendlich doch lebendig und allgegenwärtig bleibt.

Die zentrale Aussage des Gedichts liegt in der Unkontrollierbarkeit und der transformierenden Kraft der Liebe. Sie beginnt spielerisch, doch wenn sie erst einmal entfacht ist, entfaltet sie ihre ganze Intensität und kann das Leben des Einzelnen grundlegend verändern. Goethe verbindet hier spielerische Leichtigkeit mit tiefgründiger Reflexion, um die komplexen Emotionen der Liebe auf fesselnde Weise darzustellen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.