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Liebe wider Willen

Von

Ich weiß es wohl und spotte Viel:
Ihr Mädchen seid voll Wankelmut!
Ihr liebet, wie im Kartenspiel,
Den David und den Alexander;
Sie sind ja Forcen miteinander,
Und die sind miteinander gut.

Doch bin ich elend wie zuvor,
Mit misanthropischem Gesicht,
Der Liebe Sclav, ein armer Thor!
Wie gern wär′ ich sie los die Schmerzen,
Allein es sitzt zu tief im Herzen,
Und Spott vertreibt die Liebe nicht.

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Gedicht: Liebe wider Willen von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Liebe wider Willen“ von Johann Wolfgang von Goethe offenbart die innere Zerrissenheit eines Mannes, der sich wider besseren Wissens und trotz seiner Verachtung für die Unbeständigkeit der Liebe in ihren Fängen befindet. Goethe beginnt mit einer klaren Kritik an der Wankelmütigkeit der Frauen, die er mit der Beliebigkeit im Kartenspiel vergleicht. Er deutet an, dass Frauen leicht zwischen verschiedenen Verehrern wechseln, wobei er die Macht und den Reiz von „David“ und „Alexander“ hervorhebt – Symbole für Stärke und Ruhm, die in den Augen der Frauen attraktiv sind.

Trotz seiner kritischen Haltung gegenüber der Liebe und den Frauen, die sie praktizieren, gesteht der Sprecher sein eigenes Elend ein. Er beschreibt sich als „Sclav“ der Liebe, ein „armer Thor“, gefangen in den Schmerzen, die sie verursacht. Die Verwendung des Wortes „Sclav“ (Sklave) unterstreicht die totale Abhängigkeit und Hilflosigkeit des Sprechers, der sich trotz seines Verstandes und seiner Erkenntnis der Gefahren nicht von seinen Gefühlen befreien kann. Dies zeigt eine innere Konfliktsituation, in der Vernunft und Leidenschaft unversöhnlich gegeneinander kämpfen.

Der Sprecher versucht, seine Lage durch Spott zu verarbeiten. Er spotte „viel“, aber dies lindert seinen Schmerz nicht. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Spott und Zynismus keine wirksamen Mittel sind, um die Macht der Liebe zu brechen. Der Vers „Allein es sitzt zu tief im Herzen“ verdeutlicht, dass die Liebe tief in seinem Wesen verwurzelt ist und sich nicht einfach durch bewusste Entscheidungen oder intellektuelle Distanzierung überwinden lässt. Die tiefe Verzweiflung des Sprechers wird durch das Eingeständnis, dass der Spott die Liebe nicht vertreibt, noch weiter unterstrichen.

Insgesamt ist das Gedicht eine Reflexion über die Unberechenbarkeit und Widersprüchlichkeit der Liebe. Es zeigt die Diskrepanz zwischen dem Verstand, der die Wankelmütigkeit der Liebe erkennt, und den Gefühlen, die sich dieser Erkenntnis widersetzen. Goethes Gedicht fängt somit die universelle Erfahrung der Liebe ein, die uns wider besseren Wissens und wider unseren Willen in ihren Bann zieht und uns oft in Zustände der Hilflosigkeit und Verzweiflung stürzt, aus denen wir uns nicht so einfach befreien können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.