Wunderlichstes Buch der Bücher
Ist das Buch der Liebe;
Aufmerksam hab ich′s gelesen:
Wenig Blätter Freuden,
Ganze Hefte Leiden;
Einen Abschnitt macht die Trennung.
Wiedersehn! ein klein Kapitel,
Fragmentarisch. Bände Kummers
Mit Erklärungen verlängert,
Endlos, ohne Maß.
O Nisami! – doch am Ende
Hast den rechten Weg gefunden;
Unauflösliches, wer löst es?
Liebende, sich wieder findend.
Lesebuch
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Lesebuch“ von Johann Wolfgang von Goethe präsentiert eine Metapher der Liebe als Buch, um die Komplexität und die dualen Erfahrungen, die mit der Liebe verbunden sind, zu erfassen. Das Gedicht beginnt mit einer Feststellung der Einzigartigkeit des „Buchs der Liebe“, das als das „wunderlichste Buch der Bücher“ bezeichnet wird. Diese Eröffnung etabliert sofort das Thema der Liebe als etwas Besonderes und Geheimnisvolles, das es zu ergründen gilt.
Goethe beschreibt die Lektüre dieses „Buches“ als eine Erfahrung mit gemischten Gefühlen. Er betont, dass es „wenig Blätter Freuden“ und „ganze Hefte Leiden“ enthält, was auf die Höhen und Tiefen der Liebe hindeutet. Die „Trennung“ wird als „Abschnitt“ dargestellt, was die Beendigung einer Beziehung andeutet. Das „Wiedersehn“ wird als „klein Kapitel, fragmentarisch“ beschrieben, was auf die flüchtigen Momente der Freude und des Glücks in der Liebe hinweist. Dies deutet darauf hin, dass die Momente der Freude oft kurz und flüchtig sind, während die Leiden umfangreich und dauerhaft sein können.
Die folgende Zeile „Bände Kummers / Mit Erklärungen verlängert, / Endlos, ohne Maß“ unterstreicht die Intensität und das Ausmaß des Kummers, der mit der Liebe verbunden ist. Diese Zeilen suggerieren, dass die Erfahrungen der Trauer und des Leidens in der Liebe tiefgreifend sind und sich endlos fortsetzen können. Die Erwähnung von „Nisami“ im achten Vers deutet auf eine Orientierung an einem persischen Liebesdichter. Dies ist ein Verweis auf eine mögliche Quelle der Inspiration für Goethes Gedicht oder ein Vorbild im Umgang mit der Liebe.
Die abschließenden Zeilen bieten jedoch einen Hoffnungsschimmer. Die Frage „Unauflösliches, wer löst es?“ und die Antwort „Liebende, sich wieder findend“ deuten auf die Möglichkeit der Versöhnung und des erneuten Zusammenseins hin. Trotz des Leidens und der Trennung betont das Gedicht die Kraft der Liebe, die dazu führen kann, dass Liebende wieder zusammenfinden. Diese Schlussfolgerung bietet einen optimistischen Ausblick und unterstreicht die transformative Kraft der Liebe, die auch nach Zeiten der Not bestehen kann.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
