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Der Schmelzofen

Von

Gspröch in der Weserei

Jetz brennt er in der schönsten Art,
un ’s Wasser ruuscht, der Bloosbalg gahrt,
un bis aß d’Nadit vom Himmel fallt,
se würd die ersti Maaßle chalt.

Un’s Wasser ruuscht, der Bloosbalg gahrt;
i ha druf hi e Gulde gspart.
Gang, Chünggi, leng is alte Wii,
mer wenn e wenggli lustig sii !

Ne Freudestund isch nit verwehrt;
me gnießt mit Dank, was Gott bischert,
me trinkt e fri´sche, frohe Muet,
un druf schmeckt wider ’s Schaffe guet.

E Freudestund, e gueti Stund !
`s erhaltet Liib un Chräfte gsund;
doch mueß es in der Ordnig goh,
sust het me Sdiand un Laid dervo.

Ne frohe Maa, ne brave Maa!
jetz schenket ii un stoßet a:
Es leb der Margroof un sy Huus!
Ziehnt d’Chappen ab un trinket uus !

E beßre Heer trait d’Erde nit!
`s isch Sege, was er tuet un gitt;
i cha’s nit sage, wie n i sott:
Vergelt’s ein Gott ! vergelt’s ein Gott!

Un ’s Bergwerch soll im Sege stoh!
`s het mengge Burger ’s Brot dervo.
Der Heer Inspekter lengt in Trog
un zahlt mit Freud, es isch ke Froog.

Drum schenket ii un stoßet a!
Der Heer Inspekter isch e Maa,
mit üüsers Gattigs Lüte gmai
un fründli gege groß un chlai.

Er schafft e guete Wii uf s Werk,
er holt en über Tal un Berg;
er stellt en Iuuter uf e Tisch
un mißt, wie’s recht un billig isch.

Sell isch verbei: der Maa am Füür
mueß z’trinke ha, wär’s no so tüür.
Es rislet mengge Tropfe Schwaiß;
un will’s nit goh, men ächzet ais.

Me straift der Schwaiß am Ärmel ab,
me schnuufet; d’Bälg verstuune drab,
un menggi liebi Mitternacht
wird so am haiße Herd verwacht.

Der Schmelzer isch e ploogte Maa,
drum bringet ein’s un stoßet a:
Gsegott!Vergiß dy Schwaiß un Ach !
`s het jeden andren au sy Sach.

Am Zahltag tailtisch doch mit kaim;
un bringsch der Lohn im Nastuech haim,
se luegt di d’Marei fründli a
un sait:“I ha ne brave Maa!“

Druf schlacht si Eier-en-Anken ii
un streut e wenig Imber drii;
si bringt Salat un Grüebe dra
un sait: „Jetz iß, du liebe Maa l“

Un wenn e Maa sy Arbet tuet,
se schmeckt em au sy Esse guet.
Er tuuschti nit in Laid un Lieb
mit menggem riiche Galgedieb.

Mer sitze do, un ’s schmeckt is wohl.
Gang, Chünggeli, leng is nonemool,
wil doch der Of e wider goht
un ’s Erz in volle Chübel stoht!

So brenn er denn zue gueter Stund,
un Gott erhalt ich alli gsund,
un Gott biwahr ich uf der Schicht,
aß niemes Laid un Unglück gschicht!

Un chunnt in strenger Winterszyt,
wenn Schnee uf Berg un Firste lyt,
en arme Bueb, en arme Maa
un steht ans Füür un wärmt si dra

un bringt e paar Grumbireli
un lait s’ ans Füür un brootet si
un schlooft bym Setzer uf em Erz –
schloof wohl, un tröst der Gott dy Herz!

Dört stoht so ain.Chumm, arme Maa,
un tue ais Bschaid! Mer stoßen a!
Gsegott, un tröst der Gott dy Herz!
Me schlooft nit lieblich uf ein Erz.

Un chunnt zuer Zyt e Bidermaa
ans Füür un zündet’s Pfiifli a,
un setzt si näumen ane mit,
se schmeck’s ein wohl, un – brenn di nit !

Doch fangt e Büebli z’rauchen a
un maint, es chönn’s as wie ne Maa,
se macht der Schmelzer churze Bridit
un zieht em’s Pfiifli uus cm Gsicht.

Er keit’s ins Füür un balgt derzue:
„Hesch’s au scho glehrt, du Lappi du!
Suug am e Störzli Habermark!
Waisch?Habermark macht d’Buebe stark !“

`s isch wohr,’s gitt menggi Churzwiil mehr
am Sunntig noo der Chinderlehr;
un strömt. der füürig Iisebach
im Sand, es isch e schöni Sach.

Froog mengge Maa: „Sag, Nochber, he!
hesch au scho ’s Iise werde seh
im füürige Strom, de Forme noo?“
Was gilt’s, er cha nit sage: Jo!

Mir wüsse, wie rne’s Iise macht,
un wie’s im Sand zue Maaßle bacht,
un wie me’s druf in d’Schmidte bringt
un d’Luppen unterm Hammer zwingt.

Jetz schenket ii un stoßet a:
Der Hammermaister isch au ne Maa!
Wär Hammerschmid un Zainer nit,
do läg e Sach, was tät me mit?

Wie gieng’s im brave Hamberchsmaa?
,s mueß jede Stahl un lise ha;
un het der Schniider kai Noodle meh,
sen isch’s au uni sy Nahrig gscheh.

Un wenn im früeihe Morgerot
der Buur in Feld un Fure stoht,
se mueß er Charst un Haue ha,
sust isch er e verlorene Maa.

Zuem Brooche bruucht er d’Wägese,
zuem Mäihe bruucht er d’Sägese,
un d’Sichle, wenn der Waize blaicht,
un’s Messer, wenn der Trüübel waicht.

Se schneidet denn un schrnidet ihr,
un dank ich Gott der Heer derfür!
Un mach en andre Sichle druus,
un was me bruucht in Feld un Huus !

Un nurnme kaini Säbel meh!
`s het Wunde gnueg un Schmerze gee;
`s hinkt menggen ohni Fueß un Hand,
un mengge schlooft im tiefe Sand.

Kai Hurlibaus, ke Füsi meh!
Mer henn’s Lamento öbbe gsch
un gehört, wie’s in de Berge chracht,
un Ängste gha die ganzi Nacht

un glitte, was me liide cha;
drum schenket ii un stoßet a:
Uf Völkerfrid un Ainigkait
vo nun a bis in Ewigkait!

Jetz zahle mer! Jetz göhmer hai
un schaffe hüt no allerlai
un dengle no bis tief in d’Nacht
un mäihe, wenn der Tag verwacht.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Schmelzofen von Johann Peter Hebel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Schmelzofen“ von Johann Peter Hebel ist ein umfassendes und vielschichtiges Werk, das Einblicke in das Leben und die Arbeitswelt der Schmiede im Schwarzwald im 19. Jahrhundert bietet. Es ist in alemannischer Mundart verfasst und nutzt einen lebendigen, volksliedhaften Ton, um eine Szene in einer Schmelzerei zu beschreiben und die dort arbeitenden Menschen zu ehren. Das Gedicht verbindet Arbeitsalltag, Geselligkeit, Moral und eine tiefe Wertschätzung für die Gemeinschaft.

Der Text beginnt mit der Beschreibung der Arbeit im Schmelzofen selbst, unterstreicht die Hitze und den Arbeitsdruck. Der stete Rhythmus des Geschehens wird durch das rhythmische Wiederholen von Wendungen wie „un’s Wasser ruuscht, der Bloosbalg gahrt“ betont. Ein wichtiger Aspekt des Gedichts ist das Feiern von Freudenstunden und die Bedeutung von Gemeinschaft. Es zeigt, wie die Arbeiter durch das Trinken und das Anstoßen auf den Margrafen und den Inspektor ihren Arbeitsalltag unterbrechen und die Gemeinschaft stärken. Dabei wird ein Gefühl der Dankbarkeit für das, was sie haben, und eine Wertschätzung für ihren Arbeitsplatz ausgedrückt.

Hebels Gedicht vermittelt moralische Werte. Es gibt Anspielungen auf die Bedeutung von Ordnung, Ehrlichkeit und Fleiß. Der Text thematisiert auch die Bedeutung von Respekt gegenüber Autoritäten, wie dem Inspektor, der als großzügiger und mitfühlender Mann dargestellt wird. Es gibt Warnungen vor jugendlichem Leichtsinn, wenn ein kleiner Junge rauchen möchte. Das Gedicht zeigt die Weisheit der Älteren und die Notwendigkeit, die Regeln und Traditionen zu respektieren.

Das Gedicht weitet seinen Blick über die Schmelzerei hinaus. Es verweist auf die Bedeutung des Schmiedehandwerks für die gesamte Gesellschaft, indem es die Notwendigkeit von Werkzeugen wie Pflügen, Sicheln und Sensen hervorhebt. Ein zentraler Wunsch ist der nach Frieden und Einheit der Völker, und die Absage an Krieg und Gewalt. Das Gedicht endet mit einem Aufruf zur Dankbarkeit für die Arbeit und einem Ausblick auf das Ende des Arbeitstages und die Heimkehr, in dem die Anstrengung der Arbeiter gewürdigt wird.

Insgesamt ist „Der Schmelzofen“ ein liebevolles Porträt des Lebens und der Arbeit in einer historischen Schmelzerei. Durch seine lebendige Sprache, seine humorvollen Elemente und seine moralischen Implikationen bietet das Gedicht einen tiefen Einblick in die Werte und das Weltbild der Menschen, die in dieser Welt lebten und arbeiteten. Hebel schafft es, eine Hommage an die einfachen Leute zu liefern und gleichzeitig universelle Themen wie Gemeinschaft, Dankbarkeit und den Wert von Frieden zu behandeln.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.